An verschiedenen Orten im Internet kursiert ein Zitat aus dem Indizierungsbeschluss des Computerspiels „River Raid“, das für sich verbucht zu den ersten in Deutschland indizierten Spielen gehört. Für mein „Killerspiele“-Buch habe ich Kontakt mit der Bundesprüfstelle aufgenommen und um den Original-Text gebeten – auch, weil alle bisherigen Zitate eine falsche Quellenangabe enthalten. Hier die Antwort der BpJM:
[D]as Spiel „River Raid“ wurde mit Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 238 vom 19.12.1984 in die Liste der jugendgefährdenden Medien aufgenommen. Mit Bekanntmachung im Bundesanzeiger Nr. 21 vom 31.01.2003 wurde das Spiel aus der Liste der jugendgefährdenden Medien gestrichen. Aus den Gründen der Entscheidung zu der Indizierung des Spieles „River Raid“:
„…Das Videospiel ‚River Raid’ ist kriegsverherrlichend und –verharmlosend. Wie der Antragsteller zu Recht hervorhebt, soll sich der Spieler in die Rolle eines kompromisslosen Kämpfers und Vernichters hineindenken. Dies geht klar aus der Spielanleitung hervor. Scharfschützenqualitäten sind im Spiel gefordert. Der Abschuß feindlicher Ziele wird hoch belohnt. Die Vernichtung eines gegnerischen Tankers, Hubschraubers, Treibstofflagers oder Jets bringt bis zu 100 Punkten, die Vernichtung einer gegnerischen Brücke 500. Die Anwendung kriegerischer Gewalt wird belohnt; wer die meisten Ziele zerstört hat, bekommt die meisten Punkte. Er hat die Möglichkeit, die Auszeichnung des ‚River Raider’ zu erhalten. Das Spiel ‚River Raid’ ist auch kriegsverharmlosend, weil der Krieg nicht sachlich nüchtern dargestellt wird; Kriegesereignisse werden als automatisierte, durch technische Hilfsmittel herbeigeführte Geschehnisse vorgestellt und damit vordergründig einer moralischen Wertung entzogen. Die Schrecken und Leiden des Angriffkrieges werden weder erwähnt, noch in irgend einer Weise angedeutet.
Das Videospiel ‚River Raid’ hat emotionssteuernde und aggressionssteigernde Eigenschaften. Bei älteren Jugendlichen führt das Bespielen von ‚River Raid’ zu physischer Verkrampfung, Ärger, Aggressivität, Fahrigkeit im Denken, Konzentrationsschwierigkeiten, Kopfschmerzen u.a. (vgl. im einzelnen Fritz, ‚Videospiele-regelbare Welten am Draht’, Teil 4, in ‚Spielmittel’, S. 23 ff, Nostheideverlag, Bamberg, 1983; Selg, Vortrag vom 24.10.1984 auf der Jahrestagung der Aktion Jugendschutz (ajs), Landesarbeitsstelle Baden Württemberg, Stuttgart). Der Computer erzeugt durch das Spielen Aggression im Zusammenhang kriegerischer Ereignisse; da außer dem Befehl-/Gehorsam-Verhältnis (es muß geschossen und der Feind vernichtet werden) keine differenzierten sozialen Regeln angeboten werden für die Bewältigung von Wut und Zerstörungsgefühlen, kann davon ausgegangen werden, dass etwa auftretende Aggressionsneigungen auch in außerspielerischen Situationen insbesondere von gefährdungsgeneigten Kindern und Jugendlichen nicht adäquat beherrscht werden können. Aggressive Verhaltensmuster werden spielerisch eingeübt. …“
Eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Beschluss findet dann im „Killerspiele“-Buch statt.
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