Tele-Kommies

Telefon (USA 1977, Don Siegel) (TV-Mitschnitt)

Don Siegel greift die Kommunisten-Paranoia aus „Die Dämonischen“ wieder auf und lässt Charles Bronson erklären: „Being paranoid doesn’t mean we’re not being followed.“

In „Telefon“ geht es darum, dass sowjetische Agenten, die in den USA leben, per Telefonanruf aus ihrem „undogmatischen Schlummer“ erweckt werden und Attentate auf ehemals kriegswichtige Ziele begehen. Ehemals, weil die Schläfer bereits in den 1950er Jahren (Die Dämonischen!) eingeschleust wurden und Schlummer, weil sie zuvor hypnotisiert wurden, so dass sie gar nichts von ihrem Schläfer-Dasein wissen, bis sie ein ehemaliger Sowjet-Agent, der an ihre Namen und Telefonnummern gekommen ist, sie erweckt. Das tut er, weil er als Stalinist mit der Entspannungspolitik seines Landes nicht einverstanden ist und den dritten Weltkrieg heraufzubeschwören beabsichtigt. Bronson ist ebenfalls russischer Agent, der zusammen mit einer CIA-Kollegin (und Doppelagentin) versucht, das schlimmste zu verhindern.

Dass in „Telefon“ ausgiebig telefoniert wird, ist klar. Doch die Telefonate sind eigentlich allesamt problematisch: Die „Weck-Anrufe“ erfolgen alle aus nächster Nähe, der Anrufer sieht den Angerufenen (will seine Reaktion sogar beobachten) und könnte ihm also die Erweckungsformel auch zurufen. Die meisten anderen Telefonate gehen in der Zentrale des CIA ein, wo sie sofort mitgeschnitten werden und ihren Charakter als präsente, lebendige Rede damit verlieren. „Ferne“ ist in „Telefon“ also nur indirekt anwesend: Die Schrifteinblendungen mit Fern-Schreiber-Akustik oder die zahlreichen Beobachtungsaufnahmen mit Tele-Objektiv.

Das zweite, subtilere Thema des Films sind „Frauen“. Vorgeführt werden sie uns in zwei Erscheinungsformen: als menschgewordener Computer (eine EDV-Agentin im CIA) und als skrupelbeladene Spionin. Die eine hat ihr Geschlecht verfehlt, die andere ihren Beruf. „Erlöst“ werden sie wie im Märchen durch einen Kuss: Die Computer-Frau bekommt für ihre Arbeit von ihrem Vorgesetzten nicht länger verbalen Lob, sondern (endlich) einen Kuss, der sie, die sonst sehr mit und für die Maschine fühlt, sogleich „Hip Hip Hooray“ in den Rechner eintippen lässt. Bronson küsst seine Spionin, die ihn eignetlich nach getaner Tat beseitigen sollte und „reprogrammiert“ sie damit zur Sexualpartnerin, mit der er sich absetzt.

Bezeichnenderweise führt sie das Kündigungstelefonat für ihn, denn in Gefühlssachen können Frauen wohl (auch fernmündlich) besser kommunizieren.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
Dieser Beitrag wurde unter Filmtagebuch veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.