»a creature of unbelievable proportions«

The Geek (USA 1971, N. N.)

Die einen nennen ihn Bigfoot, die anderen Sasquash – im Monster-Porno „The Geek“ heißt er schlicht The Geek: Und der muss erst einmal entdeckt und seine Existenz bewiesen werden. Dazu sind drei Paare angetreten, die durch die Wildnis stapfen und nach Spuren des Sagenwesens forschen. Weil das ziemlich langweilig ist und sowohl Genre als auch die Figurenkonstellation es nahelegen, werden Suchpausen eingelegt und zur Kopulation genutzt. Danach geht es dann weiter, mal in die eine Richtung, mal in die andere.

Der erste Tag vergeht, doch der Geek bleibt unentdeckt. Man schlägt die Zelte auf, zwei der Paare verkriechen sich im jeweils ihrem und ein Kerl und eine Frau, die sich noch etwas fremd sind, beschließen, erst mal einen Becker Vermouth zu trinken. Wohin das dann führt, kann man sich denken. (Übrigens: Für ihn ist es das erste mal, ansonsten durfte er nur ab und zu bei seiner Schwester, wie er hinterher berichtet.)

Doch am nächsten Tag tauchen tatsächlich die ersten Spuren des Geeks auf: Neben einem recht ordentlich befestigten Wanderweg (!) findet sich ein länglicher Abdruck im Sand und ganz in der Nähe die Überreste eines geekischen Lagerfeuers. Und dann, zwischen den Bäumen, taucht er auf einmal auf. Er wird mit dem Fernglas gesichtet und der Schmalfilmkamera gefilmt. Eine der Pfadfinderinnen ist mutig und reicht dem Geek die Hand zur Begrüßung:


(Click to enlarge)

„The Beast took his ugly thing in me“, beschwert sie sich hinterher bei ihrem Freund, der der Sache tatenlos zugesehen hat. Ihr Grinsen (ob der Lust oder der Komik der Situation) konnte sie während des Aktes allerdings nicht so recht unter Kontrolle bringen. Nun ja, bei diesem Übergriff bleibt es natürlich nicht. Der Geek macht sich kurz darauf auch über ein zweites weibliches Mitglied der Expedition her. Sie will fliehen, stolpert und wird von ihm übermannt. Nach dem Akt schreiten die Herren zur Gegenwehr und verwickeln den Geek in ein Scharmützel:

… kriegen aber ordentlich die Hucke von ihm voll, und der Geek verschwindet im Unterholz. Na ja, ist ja eigentlich niemandem etwas geschehen. Die Frauen sind wohlauf, die Beweise für die Existenz des Geeks sind erbracht und konserviert, also kann man getrost nach Hause marschieren. Die 50 Minuten des Films sind ohnehin vorüber.

„Are we really the masters of the earth that we think we are?“, fragt zweifelnd der Off-Erzähler, der den gesamten Film durchkommentiert hat. Den gesamnten? Nein, denn die Hardcore-Szenen bleiben unkommentiert und das mit Grund. Zu Beginn wird der Acousmêtre als ein Kommentator vorgestellt, der dem Publikum erklärt, was es gerade sieht (mitsamt deiktischen Verweisen wie „Here we can see …“) Dieser Point of View muss natürlich in Szenen, in denen der Erzähler nicht dabei gewesen ist, von einer subjektiv berichtenden auf eine objektiv darstellende Perspektive gewechselt werden. Pornografie bekommt hier wieder beides zurückerstattet: Ihr Anrecht auf Abbildung von Privatheit (die keinem Dritten außer der Kamera zugänglich ist) und ihren dokumentarischen, quasi-objektiven Erzählduktus (sie erzählt sich quasi selbst).

Und während die nicht-pornografischen Szenen zumeist darin bestehen, die Wandersleute hin- und herlaufend zu zeigen – und das in endlos langen Einstellungen (ich erinnere hier noch einmal an das Eco-Zitat über die „tote Zeit“ im Porno), geht es in den Hardcore-Szenen gar nicht schnell genug zur Sache: „Darling, you’re wasting time“, beschwert sich einer der Herren, dem es nicht schnell genug zur Sache geht. Und als fühlte sich der Film selbst angesprochen, bekommen wir ein paar richtig seltsame Jump-Cuts zu sehen. In der ersten Sexszene erbittet der Mann einen Blowjob, ein roher Schnitt geht jedoch gleich weiter bis zum Koitos. In der zweiten Sexszene erfahren wir nicht, wie es die Protagonistin schafft, sich komplett auszuziehen, aber ihre extra hohen Porno-Stiefel dabei anzubehalten (hinterher sehen wir, dass sie tatsächlich die Hose über die Stiefel zieht).

Nur der Geek nimmt sich Zeit uns lässt sich von keinem Cutter zur Eile treiben. Das mag daran liegt, dass, wer die Macht hat, auch den Zeitfluss bestimmen kann. Ich glaube jedoch eher, dass es damit zu tun hat, dass des Geeks Sexszenen Softcore gefilmt sind. (Gut, am Ende sehen wir mal kurz, wie er seinen Dödel aus dem Fellanzug herauswurschtelt!) Softcore-Pornografie braucht einen anderen Rhythmus, weil sie nicht auf die Anschauung, sondern auf die Vorstellung abzielt. Und wenn man sich schon einen vögelnden Geek vorzustellen hat, dann möchte man das mit ethologischer Genauigkeit tun.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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