There’s a little bit of the beast in all of us …

Driller (USA 1984, Joyce James) (VHS)

„Driller“ liefert eine regelrechte Dänomologie des Monster-Pornos, weil er, genaus wie sein Vorbild „Thriller“ von John Landis, einge ganze Armada Filmmonster bereithält. Die werden geträumt und zwar von der etwas mauerblümeranten Louise. Louise hatte mit ihrem Freund das Konzert des Popkünstlers Driller besucht, auf dem es heiß hergegangen ist. Der Sänger, äußerliche und musikalische Ähnlichkeiten zu Michael Jackson sind nicht auszuschließen, hat sein vornehmlich weibliches Publikums an den Rand der Extase getrieben – auch Louise ist hin und weg, ihr Freund jedoch eifersüchtig. Und so schleicht er sich nach dem Konzert noch in Louises Wohnung ein, indem er auf ihr Mitleid hofft: „Jeez, Louise, where is my keys?“ Die Schlüssel hat er aber gar nicht verloren, sondern nur Sex im Sinn. Den erzwingt er von der genervten Louise und geht danach nach Hause.

Damit fängt Louises Reise in ihre geheimsten Sehnsüchte an: Sie schläft bei der Lektüre eines UFO- Magazins ein und aufeinmal dringen Zombies in ihr Schlafzimmer ein und beginnen nach äußerst ausgeklügelten Choreografien vor ihr zu tanzen. Auch Nebel ist auf einmal im Raum und als hätte man es ahnen können: Driller taucht auch auf, zuerst als tanzender Ober-Zombie, dann jedoch verwandelt er sich in einem Werwolf und macht seinem Namen alle Ehre.

Drillers Penis ist nämlich ein langes, gebogenes und rotierendes Ding, mit dem Louise ordentlich die Leviten gelesen werden. Das treibt sie nur noch tiefer in den Sex-Traum. Sie irrt durch ein Gruselkabinett-ähnliches Labyrinth, in welchem sie dem buckligen Glöckner begegnet, der seine Esmeralda zur Masturbation zwingt („Spray your cum all over my dirty dungeon!“), wird von vampirischen Lesbierinnen angefallen, wohnt einer satanistischen Orgie bei („They don’t call me tricky dick for nothing.“), muss schon wieder tanzenden Zombies zugucken und erwacht schließlich in ihrem Bett, wo sie feststellt: Es war nur ein Traum.

Doch dann klingelt es und Driller steht vor der Tür und will telefonieren, weil sein Wagen (in dem ein Zombie sitzt, was Louise nicht sieht) stehen geblieben ist: „You can use my phone. You can use anything“, ist ihre Antwort. Driller schaut nur vieldeutig in die Kamera, als wäre bei ihm im Verstand, was bei uns nicht zuvor schon in den Sinnen gewesen wäre, und dann ist der Film vorbei.

Es ist ja bereits der Spoof eines Spoofs, den „Driller“ darstellt. Insofern scheint es, als müsste zunächst einmal die „doppelte Ironie“ fortgeschält werden, damit der erotische Text unter all den erotisierten Subtexten entdeckt werden kann. Dass Werwolf-Mythen stets etwas mit Pubertät und verdrängten sexuellen Wünschen zu tun haben, ist eine dämonologische Binsenweisheit und schon mit Freuds „Wolfsmann“ erklärbar (bei dem zwar keine Werwölfe angesprochen werden, das Auftauchen von Wölfen aber eng an das Thema Sexualität gekoppelt wird).

Hier aber leistet die Ironie eine doppelte Negation, denn  der Werwolf bekommt noch einen zweiten Schweif. Hinten wedelt lustig die Rute, während vorn der monströse Penis rotiert. Was der Spoof-Spoof hier also betreibt, ist nicht weniger als Restituierung des Subtextes im Text. Pornografie ist immer Vereindeutigung des Zweideutigen. Wenn die Zweideutigkeit aber die Sphäre kultureller Mythen und Märchen betrifft, dann wird es spannend. Das Monster bekommt dann nämlich seine etymologische Bedeutung „Zeiger“ zurück.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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