Geisterfunktionen

Das Waisenhaus (El Orfanato, Spanien/Mexiko 2007, Juan Antonio Bayona) (Blu-ray)

Als ich den Film im vergangenen Jahr zum ersten Mal gesehen habe, ist mir noch gar nicht aufgefallen, wie sehr er doch eine Art thematischer „Abschluss“ des spanischen Geisterfilms ist. Die zwei einander entgegenlaufenden Erzählhaltungen – man könnte sie „Fantastik“ und „Symbolismus“ nennen – nutzen das Geisterkonzept auf ihre je eigene Weise. Beinahe wie im J-Horror werden die Kindergeister hier zu untoten Mahnmalen für die Lebenden, zu Symbolen einer nicht überwundenen Schuld und einer Suche nach Absolution. Doch der Film lässt sich nicht allein auf dieser Ebene auflösen – vor allem der Schluss widerspricht dem. „El Orfenato“ ist als Erinnerungsfilm eben auch ein Film der echten Geister, des anthropomorphen Hauses, des Spuks im Keller, des nächtlichen Kratzens in den Wänden – die Geisterseher, die Laura ins Haus holt, belegen, dass da „etwas“ ist. Mit dieser thematischen und motivischen Verkreuzung nimmt Bayonas Film die Kinder-Geister-Filme Balaguerós wieder auf wie Fäden, die am Ende, wenn die Sonne aufgeht und Carlos vor dem Grabstein und dann in dem sonnendurchfluteten Zimmer steht, ihre Düsternis zurücklassen können.

Ein Wort zur Blu-ray: Zusammen mit „Silent Hill“ ist „Das Waisenhaus“ die bislang beste Produktion auf dem neuen Medium. Besonders die Blu-ray-2.0-Anbindung, unter der es zum Beispiel möglich ist, zusätzliche Interviews und Audiokommentare aus dem Netz zu laden, hat es in sich. Mein dringender Kauftipp vor allem für alle PS3-Besitzer!

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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