FFF 2008 – Dritter Tag

100 Feet (USA 008, Eric Red)

Horrorfilme, die darauf basieren, dass jemand „ans Haus gefesselt“ ist, hat es in der Vergangenheit öfter gegeben. Man denke nur an den im letzten Jahr auf dem Fantasy-Filmfest vorgestellten „Disturbia“. „100 Feet“ variiert das Thema, indem der Film von einer Frau erzählt, die wegen Mordes an ihrem Mann zu einem Jahr Hausarrest verurteilt wurde, nachdem sie bereits eine langjährige Haftstrafe abgesessen hat. Diesen Arrest muss sie in eben jenem Haus verbringen, in dem sie die Tat begangen hat. Delikat an der Angelegenheit ist, dass sie damals aus Notwehr gehandelt hatte, weil ihr brutaler Mann sie immer wieder verprügelt hatte und die Polizei nicht bereit war einzugreifen, denn der Täter war bei ihr beschäftigt. Nach der Rückkehr ins Haus ist der prügelnde Mann immer noch da – nun jedoch als prügelnder Geist. Dass der Frau niemand glaubt, dass sie alltäglich von ihm zusammengeschlagen wird, ist der Knackpunkt des Films. Hier wird nicht nur das Thema häusliche Gewalt gegen Frauen auf eine metaphysische Ebene verschoben (wie in „Entity“), sondern es findet überdies eine Auseinandersetzung mit der Verarbeitung traumatischer Erlebnisse statt. Der Geist des prügelnden Mannes wird so zu einer Nemesis, die wohl viele Opfer von Gewalt kennen, der immer wiederkehrenden Erinnerung mit der eigenen Hilflosigkeit. „100 Feet“ ist wohl allein schon deshalb als gelungen zu bezeichnen. Dass er darüber hinaus einige sehr effektive Gruselszenen auf durchaus nicht konventionelle Weise präsentiert, macht ihn nur noch sehenswerter.

Jack Brooks: Monster Slayer (USA 2007, Jon Knautz)

Und noch ein Film um Gewalttraumatisierung und –verarbeitung, dieses Mal jedoch unter dem Vorzeichen der Komödie. Jack muss als kleiner Junge dabei zusehen, wie seine gesamte Familie bei einem Ausflug in den Wald von einem Monster getötet wird. Das verändert den Charakter des schüchternen und ängstlichen Jungen so sehr, dass aus ihm ein gewalttätiger und aggressiver junger Mann wird, der sich in seiner Umwelt nicht zurecht findet und häufiger beim Schulpsychologen als im Unterricht sitzt. Als sein Chemie-Lehrer ihn zu sich nach Hause einlädt, weil Jack zudem auch noch einen Klempner-Dienst betreibt, und ihn bittet, ein kaputtes Wasserrohr zu reparieren, kommt Jack Vergangenheit in Form eines tief im Boden vergrabenen Geheimnisses wieder hervor: Es ist ein mysteriöses schwarzes Herz, dass sich des Chemie-Lehrers bemächtigt und ihn in ein blutrünstiges Monster verwandelt, das die Hälfte von Jacks Klassenkameraden dezimiert. Jack, der sich sehr an den Vorfall in seiner Kindheit erinnert fühlt, entscheidet sich nun, nicht wieder fortzulaufen, sondern das Monsterproblem an der Wurzel zu packen. „Klempner und Abenteuerer“ war schon die Berufsbezeichnung des Helden in Sean Cunninghams Horrorkomödie „House“. Und in dessen Tradition steht der überaus witzige, aber zu keiner Zeit überzogene oder gar zotigen „Jack Brooks – Monster Slayer“. Eine amüsant konstruierte Coming-of-Age-Erzählung mit zahlreichen Zitaten und Anleihen an den Horrorfilm der 1980er-Jahre. Wunderbar vor allem die Entscheidung, auf CGI zu verzichten und alle Monster aus Latex zu erstellen. Da kommt regelrechtes Retro-Flair auf.

My Name is Bruce (USA 2007, Bruce Campbell)

Passend dazu abermals eine Horrorkomödie mit Kultfilm-Avancen. Bruce Campbell dreht einen Film, den dem er sich selbst als den Schauspieler Bruce Campbell spielt, der unfreiwillig zu einem Helden wird, als einer seiner Fans ihn in seine Heimatstadt entführt, weil dort ein Monster wütet. Filme wie „My Name is Bruce“ sind auf ein Fan-Publikum zugeschnitten und vor allem damit beschäftigt, sich selbst zu feiern. Das kann man natürlich gern gut finden, aber eben auch langweilig – vor allem dann, wenn man kein ausgesprochener Bruce-Campbell-Fan ist. Als Fantasy-Filmfest-Besucher wäre das jedoch ein unmögliches Eingeständnis. Also: Augen zu und durch (ich hab die Hälfte verschlafen).

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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