Spielen wir Liebe

Nach der Probe (Schweden 1984, Ingmar Bergman) (DVD)

Mit „Fanny und Alexander“ war die große Kinozeit Ingmar Bergmans offenbar vorüber und Zeit zur Reflexion und zum Resümee gekommen. „Nach der Probe“ entsteht als Fernsehfilm – ein Format, dem Bergman ab da immer häufiger, ja, fast ausschließlich treu sein wird. Er seziert Mimiken in häufigen Großaufnahmen, kommentiert das Geschehen durch die Off-Stimme des Protagonisten. „Nach der Probe“ ist aber kein typischer Fernsehfilm, sondern inszenatorisch ein Theaterstück: auf einer Bühne mit spärlichen Requisiten und nur drei Darstellern/Schauspielern. Die Kamera hat oft die Position des Theaterbesuchers. „Nach der Probe“ ist aber ebenso kein reines Theaterstück, vielmehr transzendiert es auch diese Mediengrenze und reflektiert nicht nur die Formen und Ästhetiken des Theaters, sondern auch die Bedingung seiner Möglichkeit: dass alles Schein sein muss und dennoch echt.

Die Protagonisten stehen sowohl im Arbeits- als auch im Liebesverhältnis zueinander (das erinnert schon an Bergmans „Ritus„) und sinnieren über ihr Leben und ihr Werk. Henryk Vogler (Erland Josephson) will ein Strindberg-Stück auf die Bühne bringen und spricht nach der Probe mit seiner Hauptdarstellerin Anna Egermann (Lena Olin). Zwischen beiden entspinnt sich eine Liebesgeschichte, die mehr im fiktiv-spielerischen als in der Wirklichkeit stattfindet – eben auf der Bühne. Zwischendrin erscheint Henryks Exfrau Rakel (Ingrid Thullin) und die Situation kippt ins Psychodrama. Anna wird nun immer mehr als kleines Mädchen – als Tochter Henryks und Rakels – gezeigt und das ursprünglich Theatreske kehrt zurück ins Filmische. „Alles stellt etwas dar. Nichts ist wirklich“, sagt Henry an einer Stelle.

„Nach der Probe“ ist ein kleiner, vielleicht der kleinste Film Bergmans. Aber nur selten ist die Refelxion über das eigene Schaffen und das Denken über die Möglichkeiten und Grenzen der Kunst so essayistisch ausformuliert wie hier. Abermals ist Kinowelt/Arthaus zu danken, dass solche Raritäten nicht in Vergessenheit geraten!

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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