Traditionell wird es auch auf dem diesjährigen VCFB wieder eine Kurztagung geben. Dieses mal hat der 50. Geburtstag der Programmiersprache LOGO den Anlass dazu gegeben, einmal über die Vergangenheit und Gegenwart des Programmierenlernens für Kinder nachzudenken. Zusammen mit meinem Kollegen Michael Rücker aus der Informatik habe ich sechs Referenten ins Technikmuseum einladen können, wo sie am Sonntag, den 8.10. über das Thema sprechen werden:
- Rolf-Dieter Klein – den Entwickler des NDR-Klein-Computers und der LOGO-ähnlichen Lehrprogrammiersprache GOSI, der alte und neue Projekte zum Thema Kinder und Computer vorstellen wird.
- Prof. Dr. Stefan Jähnichen – den Mitentwickler der Lehrprogrammiersprache ELAN, die anlässlich ihres 40. Geburtstags noch einmal in Erinnerung gebracht wird.
- Prof. Dr. Klaus Weltner – einen Forscher aus dem „Institut für Kybernetik“ (Berlin/Paderborn), der dort zur Bildungskyberntik gearbeitet hat und darüber berichten wird.
- Dr. Nadine Bergner – die an der RTWH Aachen in der Informatik im Bereich Learning Technologies forscht.
- Michael Rücker – der eine Doktorarbeit über die Frage, wie Kinder Computer verstehen, schreibt und daraus Aspekte vorstellt.
- Thomas Schmidt – der in der Berliner Initiative „Code for Life“ Kindern das Programmieren beibringt (unter anderem mit Logo).
(Timeline und Abstracts siehe hier oder unten)
Timeline
09:30-10:00 Uhr: Begrüßung durch Dr. Stefan Höltgen
10:00-11:00 Uhr: Michael Rücker (Berlin): Informatik im Alltag: Wo und wie Schülerinnen und Schüler sie entdecken (Moderation: S. H.)
11:00-12:00 Uhr: Rolf-Dieter Klein (München): Didaktische Konzepte und Entwicklungen vom „NDR-KLEIN-Computer“ aus der Anfangszeit der Mikrocomputer-Didaktik. (Moderation: S. H.)
12:00-13:00 Uhr: Dr. Nadine Bergner (Aachen): Spannende Ideen zum Einstieg in die digitale Welt für Kinder und Jugendliche aus dem Informatik-Schülerlabor InfoSphere (Moderation: M. R.)
13:00-14:30 Uhr: Mittagspause
14:30-15:30 Uhr: Prof. Dr. Klaus Weltner (Frankfurt am Main): Notizen zur Geschichte der Kybernetischen Pädagogik (Moderation: S. H.)
15:30-16:30 Uhr: Thomas Schmidt & Jutta Schneider (Berlin): Turtle Forward 2017. Programmieren für Kinder leicht gemacht (Moderation: M. R.)
16:30-17:00 Uhr: Kaffeepause
17:00-18:00 Uhr: Prof. Dr. Stefan Jähnichen (Berlin): Programmiersprachendebatten in den 70ern: Was ist von ELAN geblieben? (Moderation: S. H.)
Abstracts
Michael T. Rücker: Informatik im Alltag: Wo und wie Schülerinnen und Schüler sie entdecken
Informatik durchdringt mittlerweile alle Lebensbereiche: ob Arbeit oder Freizeit; Forschung oder Wirtschaft, Nahverkehr oder Raumfahrt. Wir können uns dem Kontakt mit digitalen Daten und Programmen nicht mehr entziehen. Sie bestimmen unser Leben. Ein zentrales Ziel des schulischen Informatikunterrichts ist es daher, Schülerinnen und Schüler dazu zu befähigen, diese gesellschaftliche Durchdringung zu verstehen und zu bewerten. Eine notwendige Voraussetzung dafür ist jedoch, die Vielfalt der Informatik im Alltag zunächst überhaupt zu entdecken. Angesichts der Tatsache, dass nahezu alle informationstechnischen Systeme heutzutage eingebettet und somit gar nicht direkt sichtbar sind, ist das Entdecken von Informatik und Programmierung im Alltag keine trivial Aufgabe.
Der Vortrag wird das Thema „Informatik im Alltag“ aus verschiedenen Perspektiven beleuchten. Aus fachlicher Sicht soll zunächst ein kurzer Einblick darin verschafft werden, wo Informatik und Programmierung mittlerweile überall eine Rolle spielen. Anschließend werden die Ergebnisse einer qualitativen Interviewstudie vorgestellt, die untersuchte, wie und wo Schülerinnen und Schüler diese Dinge überhaupt wahrnehmen. Ist mein Toaster jetzt eigentlich programmiert? Ist meine Waschmaschine informatisch? Die Antworten, die Lernende auf diese Fragen geben, sind sehr unterschiedlich und aus didaktischer Sicht hoch interessant. So wird im letzten Teil des Vortrags ein kurzer Ausblick gegeben, wie dieses Thema sinnvoll in den Informatikunterricht eingebettet werden könnte.
Dr. Nadine Bergner: Spannende Ideen zum Einstieg in die digitale Welt für Kinder und Jugendliche aus dem Informatik-Schülerlabor InfoSphere
Einstieg in die Informatik – möglichst früh oder doch lieber später? In der Schule oder besser außerhalb? Mit Informatiksystem oder Papier und Buntstift? Welche Kompetenzen stehen im Fokus? Es gibt zahlreiche Möglichkeiten mit Kindern und Jugendlichen den Einstieg in die Welt der Informatik zu gestalten. Im Rahmen dieses Vortrags werden verschiedene Konzepte präsentiert, wie informatische Kompetenzen und dabei insbesondere ein Einstieg in die Programmierung in wenigen Stunden oder auch über ein ganzes Schulhalbjahr vermittelt werden können. Im Rahmen des Schülerlabors Informatik InfoSphere an der RWTH Aachen wurden dazu zahlreiche Materialien entwickelt, erprobt und evaluiert. Diese stehen als Open Educational Resources allen Interessierten zur Verfügung. Das Spektrum umfassen Materialien für Kinder im Grundschulalter ebenso wie für Programmierneulinge an weiterführenden Schulen. Auch Angebote für Kinder mit ihren Eltern oder Großeltern sind dabei. Neben dem außerschulischen Angebot im InfoSphere, stehen Lehrkräften aller Schulformen (Online-)Fortbildungen und Materialpakete zur Verfügung, um den Programmiereinstieg gemeinsam mit ihren Schülerinnen und Schülern im eigenen Unterricht zu beschreiten. Aktuell steht die informatische Bildung an Grundschulen im Fokus und es werden vielseitige Erfahrungen aus den Perspektiven der Kinder, ihrer Lehrkräfte und auch Eltern gesammelt. Dieser Vortrag berichtet von Erfahrungen, präsentiert Werkzeuge, stellt frei verfügbare Materialien vor und motiviert (hoffentlich) dazu sich selbst auf den spannenden Weg des Programmierenlernens mit Kindern verschiedener Altersstufen zu machen.
Thomas Schmidt & Jutta Schneider: Turtle Forward 2017. Programmieren für Kinder leicht gemacht
Als Seymor Papert im Jahre 1967 mit seinem Team die Programmiersprache LOGO entwickelt hat, war er geprägt von dem Gedanken, Kindern und Jugendlichen eine Welt zu eröffnen, die bisher nur sehr wenigen hoch ausgebildeten Spezialisten vertraut war. Dabei ging es ihm weniger um die Ausbildung von zukünftigen Fachkräften, sondern ganz im Sinne von Jean Piaget um die Eröffnung von neuen Möglichkeiten des Lernens mit dem Computer. Genau hier knüpft die Initiative „Code your Life“ an uns zeigt Kindern wie Erwachsenen gleichermaßen, wie man geschickt und mit viel Spaß in die Welt des Programmierens einsteigen kann. Und das Beste, alle können sofort mitmachen und selbstständig zu Hause weiterlernen. Turtle Forward 2017 ist genau das richtige Thema für die kommenden kühlen Herbst- und Wintermonate.
Prof. Dr. Klaus Weltner: Notizen zur Geschichte der Kybernetischen Pädagogik“ die hoffentlich nicht zu lang ist.
Hier berichte ich aus eigenem Erleben und Mitwirken. Das betrifft sowohl die Theorie und Grundlagen, wie die Ergebnisse praktisch anwendbarer Produkte. Die Gründungsphase begann 1962 mit H. Franks Buch „Kybernetische Grundlagen der Pädagogik“ und der Gründung des Institutes für Kybernetik an der PH Berlin. Franks Ziel war, die Pädagogik aus einem einheitlichen, kalkülisierbaren Ansatz auf der Grundlage der Informationstheorie heraus zu entwickeln. Sein Psychostrukturmodell, das gestützt auf experimentalpsychologische Befunde die Informationsverarbeitung beim Menschen darstellte, erlaubte wichtige Konsequenzen für die Lehre. In der folgenden Expansionsphase kam es zur Gründung des Institutes für Kybernetik an der PH Berlin, der Gesellschaft für programmierte Instruktion (GPI), dann des Bildungstechnologischen Zentrums in Wiesbaden und des Forschungs und Entwicklungszentrums für objektivierte Lehr- und Lernverfahren (FEoLL) in Paderborn. In der Theorie kam es zu den Ansätzen einer algorithmisierten Zuordnungsdidaktik ALZUDI, einer w-t-Didaktik, der Messung der Information von Schriftsprache. In der Praxis kam es zur der Entwicklung zahlreicher Lehrprogramme sowie der Methodik der Leitprogramme. In der Schrumpfungsphase etwa ab etwa 1974 wurden die Institute geschlossen. Gründe waren vor allem die Diskrepanz zwischen geweckten Erwartungen und praktischen Ergebnissen.
Prof. Dr. Stefan Jähnichen: Programmiersprachendebatten in den 70ern: Was ist von ELAN geblieben?
Der Vortrag beschreibt die Entwicklung einzelner Konzepte von Programmiersprachen und geht dabei von der Sprache ELAN aus. ELAN wurde mit einem didaktischen Hintergrund definiert, die Konzepte wurden aber im Laufe der Jahre in vielen anderen Sprachen weiterentwickelt. Insbesondere das Konzept abstrakter Datenstrukturen finden wir in den heutigen objektorientierten Sprachen und Konzepten und auch moderne Entwicklungstechniken für Software nutzen diese Konzepte für die systematische Entwicklung großer Softwaresysteme. Der Autor beschreibt Entwicklungen aus seiner fachlichen Umgebung und versucht auch einen Ausblick in zukünftige Entwicklungen.
Rolf-Dieter Klein: Didaktische Konzepte und Entwicklungen vom „NDR-KLEIN-Computer“ aus der Anfangszeit der Mikrocomputer-Didaktik.
Im Zentrum des Vortrags stehen die Entstehung des NDR-Klein-Computers, Drehbücher und Konzepte zum didaktischen Einsatz in Schulen. Dabei werden sowohl die Hardwaremethodik, als auch auf die verwendeten Softwarekonzepte gezeigt: Im Hardwarebereich beginnt alles bei der Spannungsversorgung, dann werden CPU-Baugruppe, Aufbau und Test angesprochen, sowie die Verwendung von Grafikprozessoren und Speichermedien. Eine Erweiterung zu 16-Bit- und 32-Bit-Systemen wird ebenfalls durchgeführt. Im Programmbereich beginnt es bei der einfachen Maschinensprache (NOP-Befehl als Hardware), über Assembler mit grafischen Elementen, sowie höheren Sprachen, wie PASCAL, GOSI und anderen, auf die eingegangen und deren Grundprinzipien gezeigt werden, sowie auch der Umgang mit einfachen Betriebssystemen, dann CP/M und auch MS-DOS. Die Unterstützung über TV-Serien und Begleitsendungen, die schließlich im Computer-Magazin „Computer-Treff“ des Bayerischen Rundfunks mündeten, wird ebenfalls erläutert.