Lehrveranstaltungen im Wintesemester

Im Wintersemester 2012/13 gebe ich – aufgrund der Aufstockung meiner Stelle – abermals zwei Lehrveranstaltungen:

BA Medienwissenschaft, Modul I: Einführung: „8 Bit – Retro-Computing im Direktkontakt“ (Seminar)
MA Medienwissenschaft, Modul I: Medientheorien und Medienarchäologie – „µP – Die Geschichte des Mikroprozessors“ (Seminar)

BA Medienwissenschaft, Modul I: Einführung: „8 Bit – Retro-Computing im Direktkontakt“ (Seminar)

Mit dem „Retro“-Phänomen rücken die frühesten Mikrocomputer-Typen seit einigen Jahren wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit: Musik mit Chip-Tunes, alte Computerspiele als iPhone-Apps, Romane und Filme über die Nerds und Geeks von Gestern, … Doch hinter der scheinbaren Nostalgiewelle steckt mehr: Die Computer von damals machten die bis dahin kostspielige und fremde Welt der Mikroelektronik für Jedermann verfügbar, programmierbar und verstehbar. Von Selbstbausätzen für Einplatinencomputer bis hin zu fertigen Heimcomputern auf Architekturen von gut einem halben Dutzend Mikroprozessor-Herstellern entstanden Plattformen, die jeweils andere und spezifische Möglichkeiten der Nutzung mit sich brachten. Der einfache Aufbau dieser „Homecomputer“ ermöglichte ein vertieftes Verständnis von Signal- und Symbolverarbeitung, das heute im Zeitalter der grafischen Benutzeroberflächen nur noch schwer experimentell erworben werden kann. Im Seminar soll diese Vielfalt für einen ersten Kontakt zum Programmieren und Experimentieren genutzt werden. Dazu werden verschiedene Computer dieser Zeit eingesetzt und mit Hilfe der Original-Handbücher sowie der Vielfalt an erhältlicher Fachliteratur in Klein-Gruppen untersucht, programmiert und beschrieben werden. Zusätzlich werden Emulatoren der Systeme eingesetzt, um die (Genauigkeit bzw. Schwierigkeit der) Abbildbarkeit von Hardware in Software zu untersuchen. Der Besuch des Seminars setzt weder Kenntnisse in Computerhardware noch -programmierung voraus. Alles, was benötigt wird, wird innerhalb des Seminars gemeinsam erarbeitet. Eigene Laptops (Mac, Linux, Windows) können gern genutzt aber auch Netbooks des Instituts zur Verfügung gestellt werden.

Literatur:

  • Winnie Forster: Spielkonsolen und Heimcomputer 1972-2009. Utting: GamePlan 2002.
  • Horst Pelka: ABC der Microprozessoren und Mikrocomputer. München: Franzis 1979.
  • Adam Osborne: Microcomputer Grundwissen. o. O: The Learning Company 1989.
  • Nick Montfort/Ian Bogost: Platform Studies – Frequently Asked Questions. http://www.bogost.com/downloads/bogost_montfort_dac_2009.pdf

MA Medienwissenschaft, Modul I: Medientheorien und Medienarchäologie – „µP – Die Geschichte des Mikroprozessors“ (Seminar)

Als 1971 die Idee entstand, die bis dahin getrennten Elemente Register, Rechenwerk/Logik, Steuerwerk und Speichermanagement auf einem einzigen Siliziumchip zu vereinen, ahnten die Ingenieure um Federico Faggin nicht, dass sie damit eine Revolution in Gang setzen würden, die den bis dahin vor allem von der Industrie, der Forschung und dem Militär eingesetzten Computer zu einem Medium für die Massen werden ließ. So zufällig diese Entwicklung in ihrem Anfang war, so gezielt wurde sie schon bald forciert: Es entstanden verschiedene Architekturen von Mikroprozessoren, die die Programmierung einfacher, die Computer schneller oder ihre Nutzung vielseitiger machen sollten. Im Seminar soll diese Entwicklungsgeschichte als technische Ereignis- und Strukturgeschichte unter medienarchäologischer Perspektive nachvollzogen werden: Die „Erfolgsgeschichte“ des Mikroprozessors ist nämlich durchzogen von Sprüngen/Diskontinuitäten, Rückentwicklungen und Emergenzen, welche das Sosein des heutigen Mikroprozessors weitaus stärker bestimmen als das Ingenieurskalkül es vielleicht wahrhaben möchte. Im Seminar sollen die wichtigsten und einflussreichsten Prozessortyen vorgestellt und diskutiert werden – flankiert von den Sackgassen der Entwicklung, die oft Aufschluss darüber geben können, welche Diskurse die Technologieentwicklung leiteten, bremsten und verhinderten. Die Seminararbeit soll vor allem die zwischen 1971 und 1985 entstandenen 4-, 8-, 16- und 32-Bit-Prozessoren aspektieren und anhand von Textarbeit, Referaten, Exkursionen und externen Vorträgen geleistet werden. Vorkenntnisse in Mikroelektronik, maschinennaher Programmierung und Technikgeschichte des Computers sind nicht notwendig.

Literatur:

  • Jeffrey Zygmont: Microchip. An Idea, it’s Genesis, and the Revolution it created. Cambridge: Perseus 2003.
  • Michael S. Malone: Der Mikroprozessor. Eine ungewöhnliche Biografie. Berlin/Heidelberg: Springer 1996.
  • Lothar Starke: Mikroprozessorlehre. Frankfurt am Main: Frankfurter Fachverlag 1990.
  • Bernd Bundschuh/Peter Sokolowsky: Rechnerstrukturen und Rechnerarchitekturen. Grundlagen, Sequentielle Systeme, Innovative Architekturen. Braunschweig/Wiesbaden: Vieweg 1996.
  • Friedrich Kittler: Draculas Vermächtnis. Technische Schriften. Leipzig: Reclam 1993.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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