»Menschen aus Stahl sind hier vorteilhafter.«

Planet der Stürme (Planeta Bur, UdSSR 1962, Pavel Klushantsev) (DVD)

Roboter John zeigt seine Krallen

Nachdem ich vor einigen Monaten ja schon – ohne es damals zu wissen – das erste Remake von „Planeta Bur“ angesehen hatte, bin ich jetzt zunächst noch einmal zu dessen Wurzeln zurück gekehrt, um die Wiederaufnahme des Robotermotivs im interkulturellen Vergleich und in der zeitlichen Verschiebung an allen drei Filmvarianten zu untersuchen. Eine Möglichkeit, die überaus selten ist: „Planeta Bur“ von 1961 wurde zuerst 1965 von Curtis Harrington umgearbeitet und als „Voyage to the prehistoric Planet“ in den USA veröffentlicht. 1968 nahm sich niemand geringeres als Peter Bodanovich desselben Films noch einmal an, konkretisierte die Umarbeitungen Harringtons und veröffentlichten (unter dem Psyeudonym Derek Thomas) „Voyage to the Planet of the Prehistoric Women“ seine Fassung von „Planeta Bur“. Dazu mehr im folgenden Beitrag; zunächst zum Original:

2+1 auf der Venus

Der Film erzählt die Geschichte der Venusexpedition dreier Raumschiffe. Weil eines von ihnen im Orbit des Planeten von einem Meteor zerstört wird, steht die ganze Mission in Gefahr abgebrochen zu werden. Kurz entschlossen entsendet man eine kleine Delegation zweier Männer und eines Roboters auf den Planeten, um wenigstens ein paar Daten sammeln zu können. Diese Expedition erleidet jedoch eine Bruchlandung, weswegen die Besatzung des zweiten Raumschiffs – mit Ausnahme einer Wissenschaftlerin, der einzigen Frau der Mission – ebenfalls auf der Venusoberfläche landet, um die Abgestürzten zu suchen und zu retten. Während diese zweite Mission bei ihrer Suche nach und nach die Flora und Fauna der Venus kennen lernt – oft begleitet von einem mysteriösen weiblichen Gesang – geht den Gesuchten langsam die Luft aus.

Der Roboter John transportiert die zudem krank gewordenen schließlich in eine Höhle, wo sie mithilfe von mitgenommenden Medikamente und via Funkanweisung des Suchtrupps bald genesen. Als in der Nähe der Höhle ein Vulkan ausbricht, rettet John den beiden Männern abermals das Leben, bringt sie jedoch aus Selbstschutz fast in Gefahr. In letzter Minuten erreicht sie die Rettungsmission. John wird in der Lava versinkend zurück gelassen und man kehrt zum Raumschiff zurück. Jetzt scheint es jedoch so, als sei die im Orbit gebliebene Kosmonautin ebenfalls auf die Venus geflogen und dort verschollen. Als das Raumschiff in Gefahr gerät wegen seismischer Aktivitäten der Venus nicht mehr starten zu können und die Venusforscher in letzter Sekunde ein Lebenszeichen der Kosmonautin erreicht, verlässt man den Planeten fluchtartig. Kurz zuvor haben sich die Zeichen für eine dortige Hochkultur jedoch zur Gewissheit verdichtet.

Die Wissenschaft geht immer vor.

Zum Einen ist es natürlich interessant die sowjetische Perspektive auf die Erkundung des Weltraums, jenseits aller Kolonialgelüste mit ansehen zu können: Da gibt es ausführliche Gespräche über die mögliche Devolution der Venusianer, die man sich als gestrandete Astronauten vorstellt, welche in der urzeitlichen Welt langsam zu Urmenschen zurück mutiert sein könnten. Die Venus-Forscher sind stets zu allererst Wissenschaftler, sie nehmen Gesteins- und sogar Blutproben von Sauriern, sind an der sicheren Übermittlung ihrer Messergebnisse und Proben offenbar mehr interessiert als an ihrem eigenen Leben. Der Roboter „John“ (der in der deutschen Fassung gesiezt wird!) wird zuallererst misstrauisch beäugt: „Die Venus muss man mit Augen sehen und nicht mit Fotozellen“, spricht sich einer der Männer gegen die Teilnahme der Maschine an der ersten Expedition aus. Dass in der lebensbedrohlichen Atmosphäre der „Mensch aus Stahl“ jedoch nicht nur „vorteilhafter“ erscheint als sein Pendant aus Blut, sondern aus dem „Stück Eisen“ schnell ein Held wird, zeigt sich, als er den beiden Kosmonauten mehrfach das Leben rettet.

Johns Untergang

Regelrechte Trauer wird angesichts seines Untergangs in der Lava empfunden. Dass er sich selbst schützen wollte und deshalb seinen (offenbar) amerikanischen „Betreuer“ Kern abzuwerfen drohte, scheint hier sogar als das letzte Argument für seine Vitalität angesehen zu werden. Der Fremdkörper wird so langsam zum Körper, das Fremde in ihm zum Vertrauten, die „erbarmungslose Mathematik“   zur Zurechenbarkeit und Gemeinsamkeit (einer der Kosmonauten hat seinen drei Kindern keine Namen, sondern Nummern gegeben). Von dem schließlich zur Unterhaltungsmaschine gewordenen John (die Astronauten lassen sich von ihm Jazzmusik vorspielen) bleibt am Ende melancholische Erinnerung.

Trauer um John

Peter Bogdanovichs Fassung nutzt den Roboter John jedoch noch darüber hinaus – seine individuelle Bedeutung wird bei ihm zu einer global-gesellschaftlichen, regelrecht „sozialrevolutionären“ …

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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