»Cyborg: half human, half machine, programmed to kill.«

Cyborg 2087 (USA 1966, Franklin Adreon) (VHS)

»special agent from the future«

Drehbuchautor Arthur C. Pierce, der bereits das Script für „The Human Duplicators“ geschrieben hatte, hat sich in den 1960ern neben dem Androiden auch des zweiten Roboter-Verwandten, des Cyborgs, angenommen. In „Cyborg 2087“ treffen zudem gleich eine ganze Reihe Roboterfilm-Motive der 1960er-Jahre aufeinander, deren wichtigste die Zeitreise und die technisch realisierte Telepathie sind.

Feineinstellung der Zeitmaschiene

Bei dem Namen der Hauptfigur, Prof. Sigmund Marx, sollte es kaum verwundern, dass dieser eine Methode ersinnt, auf deren Basis in der Zukunft durch psycho-technische Gehirnmanipulation die totale Gleichschaltung und Diktatur errichtet wird. Der Film beginnt mit einer Flucht: Ein Mann des Jahres 2087, ein Cyborg, wie wir später erfahren, wird ins Jahr 1966 zurück geschickt, um dort die Vorstellung jener Erfindung zu verhindern, die in der Zukunft so viel Unglück über die Menschheit bringt. Gerade, als der Zeitreisende auf den Weg geschickt wird, stürmen bewaffnete Regierungseinheiten das Labor. Sie antizipieren den Plan und senden selbst zwei Cyborgs in die Vergangenheit, um den Plan der Widerständler zu vereiteln und den ersten Zeitreisenden zu zerstören.

Die Zeitmaschine kurz vor der Reise

Soweit der Prolog. Der Hauptteil des Films spielt im Jahr 1966. Dort angelangt hat der Zeitreisende zunächst Überzeugungsarbeit bei den Gestrigen zu leisten. Er hypnotisiert die Assistentin Professor Marx‘ mit eben jener Technologie, die erst am kommenden Tag dem Militär als Verteidigungstechnik vorgestellt werden soll. Sie führt darauf hin den Zeitreisenden zu einem Mitarbeiter, der beide zunächst für verrückt hält, angesichts der kybernetischen Körpererweiterungen des Zeitreisenden aber schnell überzeugt ist und diesem eine Sendekapsel herausoperiert, mit deren Hilfe die mittlerweile ebenfalls im Jahr 1966 gelandeten „Tracers“, so heißen die beiden feindlichen Cyborgs aus der Zukunft, ihr Ziel finden können. Der Sender muss jedoch mit Starkstrom vernichtet werden, weshalb alle zusammen zum örtlichen Umspannwerk fahren, wo es zum Zusammentreffen zwischen Verfolgnern und Verfolgten kommt.

Tod eines Zeitreisenden (Tracers)

Schließlich erfährt auch der Professor von der Sache und lässt sich von seiner Assistentin zu einem Zusammentreffen mit dem Zeitreisenden, der sich mittlerweile in eine Geisterstadt geflüchtet hat und dort versteckt hält, überzeugen. Nach einem finalen Zweikampf zwischen einem der Tracer (der andere wurde im Umspannwerk mit Starkstrom getötet) und dem Zeitreisenden, gelingt letzterem die Flucht mit dem Professor in die Zukunft, wo sich dieser von den fatalen Folgen seiner Erfindung überzeugen kann. Am nächsten Morgen heimgekehrt, schickt er die Militärs fort, ohne ihnen seine Technologie vorgeführt zu haben, jedoch mit einem eindringlichen Appell zur Verantwortung und Weitsicht des Wissenschaftlers:

„Gentlemen, you’ve come to witness the most important experiment. An experiment that demonstrates the development of a revolutionary communicatio system: radio telepathy. I must disappoint you. There’ll be no demonstration today. […] I was ready but a matter of upmost impoartance came to my attention. A matter I had completely overlooked until early of this morning. By going over my final notes I suddenly became aware that the improper application of such a system could result in a scientific and social desaster. […] I am a scientist, Gentlemen, not a political or military strategist. And as a scientist I’m deeply concerned for my fellow men. I’ve come to the conclusion that the knowledge of radio telepathy at this time would not be used for the peaceful purposes I had intended. The military temptation is too great. The consequences far reaching. Possibly far beyond our present understanding. Now, if you will excuse me, I’ll get back to my work.“

Der (noch) unbeschwerte Prof. Sigmund Marx

Dass der Film nach dem Showdown in der Geisterstadt noch beinahe 10 Minuten weiter läuft, verwundert zunächst. Das hier gebrachte Zitat und eine Art Epilog folgen dem und machen aus dem bis dahin eher actionzentrierten SF einen recht reflektierten Beitrag: Im örtlichen Sheriff-Büro ist wieder Frieden eingekehrt. Nach der Abreise des Zeitreisenden hat sich die Zukunft und damit auch die Gegenwart des Jahre 1966 geändert: Seine Reise aus dem Jahr 2087 dorthin ist nämlich nie notwenidg geworden, weil die Erfindung des Professors nicht vorgestellt wurde. Die Kamera zoomt zum Schluss auf einen Wandkalender im Sheriff-Büro, der den April des Jahres 1966 anzeigt – und darüber die Zeichnung eines Satelliten im Orbit der Erde. Über dieses Bild legen sich die Schlusstitel und man kommt kaum umhin, den Monolog des Professors sowie dieses Bild als „die Botschaft“ des Films anzusehen: Zwar ist eine fatale Technologie nicht in die Hände des Militärs gelangt; eine andere jedoch schon – und zwar außerhalb der filmischen Diegese. Die Bewaffnung des Weltraums ist 1966 längst keine Science Fiction mehr, wie sich strategischen Papieren der ARPA heute entnehmen lässt.

Die (noch) unbeschwerte Jugend, tanzend

»Future Industries Inc. A Division of the Monarch Comp. „Research Today for a better Tomorrow“« steht auf dem Schild des Forschungsinstitutes, in dem Prof. Marx arbeitet. Dort experimentiert er zunächst mit einem Schimpansen, den er auf einem Schachbrett Figuren nachlegen lässt, die er sich – in einiger Entfernung stehend – ausdenkt. Beide sind via Kabel und einem metallischen Stirnband mit einem Computer verbunden. Dass diese Labor-Experimente keine Aussagen für die soziale Wirkung seiner Erfindung zulassen, ignoriert die Szene, die durch den Soundtrack und die Handlungen des Affen weitgehend lustig inszeniert wirkt. Sie steht im scharfen Kontrast zum obigen finalen Monolog; der Sinneswandel des Wissenschaftlers rührt nämlich aus seiner Zeitreise her. Der Zeitreisefilm, der die Wirkungen der Technik in der Zukunft zeigt, wird hier zu einem fiktionalen Vehikel der Technikfolgenantizipation. Dass insbesondere Computer-, Roboter- und Medientechnologien immer wieder zum Gegenstand derartiger Zeitreise-SF werden, liegt sehr wahrscheinlich in ihrem „Angstpotenzial“ begründet. Ein Blick auf das Subgenre bzw. das Zeitreisemotiv als künstlerischer und damit öffentlicher Diskurs über Technikfolgen erscheint mir daher sehr fruchtbar!

Where fiction ends science begins

„Cyborg 2087“ legt vielleicht einen Grundstein für solche Betrachtungen in den 1960er-Jahren. Er wird damit zum indirekten Vorbild zahlreicher Zeitreise-Hardcore-SF und besitzt beispielsweise große Ähnlichkeit mit den Stories von „Terminator“ und „Terminator 2: Judgement Day“, die beide ebenfalls die Folgen der technischen Entwicklung eines einzelnen Wissenschaftlers für die Zukunft thematisieren – und diese Folgen in der Figur des Cyborgs „personifizieren“. Dass darüber hinaus die „Jagd zurück in die und durch die Vergangenheit“ ein gemeinsames Thema sowohl der „Terminator“-Filme wie auch von „Cyborg 2087“ ist, soll hier nur am Rande erwähnt werden: Selbst ikonografisch wird der Cyborg in beiden Filmen ähnlich inszeniert – bis hin zur „Beglaubigungsmethode“ einer den verblüfften Menschen vorgeführten maschinellen Hand:

Zusammen mit „The Creation of Humanoids“ und „The Time Travelers“ bildet „Cyborg 2087“ sicherlich einen der Grundpfeiler des Science-Fiction-Genres der Nachkriegszeit.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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