… and introducing Robby, the Robot

Alarm im Weltall (Forbidden Planet, USA 1956, Fred M. Wilcox) (DVD)
The Thin Man: Robot Client (USA 1958, Oscar Rudolph) (DVD)

„I am monitored to respond to the name Robby“, stellt der Roboter sich den Astronauten, die auf „seinem“ Planeten gelandet sind, artig vor. Zuvor haben die Titelschriftzüge (siehe Posting-Titel) bereits darauf hingewiesen, dass hier ein neuer Darsteller die Bühne Hollywoods betritt. Was ich zu „The Day the Earth stood still“ geschrieben habe, gilt hier erst recht: Wilcox‘ Film auf das Roboter-Motiv zu reduzieren, ist eine wahre Sünde – zumal der „Kern“ des Films ein planetarischer Computer ist, auf den ich unten noch einmal zu sprechen kommen werde.

Robby betritt die Bühne (fahrend)

Robby ist ein waschechter Service-Roboter ohne Geschlecht (das ist für ihn „totally without meaning“). Er bewacht nicht nur das Haus des mysteriösen Dr. Morbius, sondern auch dessen wohlgewachsene Tochter, der die durch ihre lange Hyperraum-Reise gänzlich ausgehungerten Astronauten sofort intensiv den Hof zu machen beginnen. Überdies kümmert sich Robby auch um die Astronauten, so dass bei diesen der Eindruck erweckt wird: „He looks after us like a mother.“ Kurzum: Robby ist zwar „a simple tool“, aber eben doch nicht so simpel, dass er nicht von allen als sozialer Agent akzeptiert würde. Seine robotische Art – nämlich emotionale Beweggründe und irrationale/alogische Motive zu ignorieren – wird sogar bald schon als Charakterzug bald schon ausgenutzt: Der Smutje des Schiffs verleitet Robby, Schnaps für ihn zu synthetisieren (der Roboter funktioniert dabei ähnlich wie der Replikator auf der Enterprise). Und Robby nennt für seine Verspätung nach einem Ruf die Ausrede: „I was giving myself an oil job.“

Robby hilft beim Bleiplatten tragen.

Wie sehr Robby darauf hin konzipiert wurde, als Service-Roboter eingesetzt zu werden, zeigt sich schon daran, dass er nicht nur 187 Sprachen spricht, sondern wie ein Wachhund den Eingang der Morbius’schen Behausung vor Eindringlingen versperrt, Blumen auf den Tischen arrangiert und Kleider für die Tochter des Hauses synthetisiert. Dass er außerdem kocht und auf Zuruf Kaffee aufbrüht, erscheint dabei schon fast selbstverständlich. In seiner Service-Funktion ist er dem begehrten Objekt (der Tochter) dabei so nah, dass einer der Astronauten zugibt, gern mit Robby tauschen zu wollen – natürlich „nicht in jeder Hinsicht“.

Beim Versuch, gegen die basic directive zu verstoßen, brennt Robbys Helm.

Robby ist trotz seiner Morphologie und seiner „menschlichen Dienstbarkeit“ aber keineswegs ein menschliches Produkt: Er stellt vielmehr die Realisation einer Konstruktionsanleitung dar, die Dr. Morbius bei den ausgestorbenen Wesen des Planeten Altair-4 (ein paar Jahre später wurde einer der ersten Heimcomputer nach dem Altair-System benannt, weil Captain Kirk gerade mit der Enterprise dorthin geflogen war) gefunden hatte. Und damit ist Robby nur die Spitze des technologischen Eisbergs, den Altair-4 darstellt, denn im Inneren des Planeten befindet sich ein riesiger Computer: Ein Kubus mit der Kantenlänge von 32 km, angetrieben von 9800 Kernreaktoren, 33.000 Kubikmeter voller Relais (!), heißt es im Film. (Im selben Jahr hatte Asimov in seiner Erzählung „The Last Question“ bereits einen solchen Computer mit dem Namen MULTIVAC vorgestellt – wer da wohl von wem inspiriert wurde?)

Rundgang durch den planetarischen Computer "Altair 4"

Und dieser Computer ist wahrlich mächtig, ist es ihm doch möglich, die unbewussten Inhalte des menschlichen Geistes zu visualisieren und „Monsters from the Id“ zu erschaffen, die die Astronauten in die Flucht schlagen (sollen). Im „Operator Room“ (bei den Mainframe-Systemen der 1950er-Jahre hatten „normale User“ wie Programmierer keinen Zutritt zum Rechner-Raum, sondern übergaben ihre Programme dem Operator, der sie dann in den Computer einspeiste – insofern stellt obiger Rundgang durch den Computer-Raum ein Privileg dar!) unterhalb Dr. Morbius‘ Haus befinden sich Apparate, mit denen der menschliche Geist erweitert und höchstwahrscheinlich auch in die Datenbank des Computers eingelesen werden kann. (Praktischerweise ist dort auch der Not-Aus-Schalter angebracht, der später das Happy End herbei führt.)

Der "Operator Room" von "Altair 4"

Neben den zahlreichen von Morbius entdeckten und unzähligen noch unentdeckten technischen Finessen nimmt sich Robby geradezu winzig aus – und dennoch stellt er hier eine Emanation des Computers dar; er entstammt aus seinen Archiven und verkörpert ihn sozusagen an der Oberfläche. Seine Funktion als „Schnittstelle“ zwischen den beiden Zivilisationen wird gerade in seine Service-Eigenschaften deutlich: Er ist für die Menschen da – und es ist ihm (anders als den „Monsters from the Id“) unmöglich, sich gegen sie zu stellen: Eine „basic directive“ (wie das später in „The invisible Boy“ genannt wird), hindert ihn an Agressionsakten gegen Menschen. Beim Versuch brennt er regelrecht durch.

Robby arrangiert Blumen - und verjagt auch schon mal Ungeziefer mit seinem Laserstrahl

*

Eine kleine Überraschung habe ich beim Blick in das Bonus-Programm der DVD erlebt. Darin enthalten war eine Folge der 50er-Jahre-Krimi-Serie „The Thin Man“ mit dem Titel „Robot Client“, in welcher Robby einen ersten TV-Auftritt hatte: Er wurde konstruiert, um bei der Herstellung von Atomwaffen mit dem gefährlichen radioaktiven Material zu hantieren – kurz vor seiner Vorstellung wird jedoch ein Mann ermordet und Robby beschuldigt. Der zufällig gerade anwesende Anwalt Peter Lawford nimmt Robby als Mandanten an und klärt den Fall auf: Robby wurde von einem Atomwaffen-Gegner als Mordinstrument programmiert, damit er als „gefährliche Maschine“ verschrottet wird und so nicht mehr an der Entwicklung der Waffen teilhaben kann.

Hochinteressant ist neben dem Kalter-Krieg-Motiv natürlich die juristische Verwicklung des Roboters und die in der Folge auf vielfältige Weise ausformulierte Frage, ob eine Maschine schuldig sein kann. Im vorliegenden Fall wird sie verneint – Robby war bloß Werkzeug, weil er über keinen eigenen (Tötungs-)Willen verfügt, sondern lediglich ferngesteuert agiert hatte. Inwiefern sich robotischer Menschen-Ersatz dann durchaus indirekt an Tötungen beteiligen lässt, aspektiert der nächste Film in meiner Retrospektive: „Tobor the Great“.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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