Oral et Labora

The Orgy Machine (USA 1972, N. N.) (DVD)

Ein früher John-Holmes-Film – abermals nur etwa eine Stunde lang aber mit beachtlichen acht Hardcore-Sequenzen. Die Rahmenhandlung ist jedoch entscheidend: Der (offenbar österreichische) Psychiater Werner von Sperm hat eine Orgien-Maschine erfunden – ein Teleskop, das so umgebaut ist, dass man damit durch Wände schauen kann, und einer darauf befestigten Strahlenkanone, mit der er erotisierende Wellen abschießt. Die genaue Funktionsweise der Kanone beschreibt er ausführlich selbst:

The atomic visual seperator penetrates the atomic structure of the walls. And it’s hooked up with a television camera. And I’m able to see the people. Very simple. All the gouvernments should do this. They could see through the walls. (unverständlich) Once the device is pointing properly I turn on the brain frequency generator which burst immits the alpha waves with a billion cycles per second making the people feel love. Real love! Than by turning on the beta factor – the sex brain frequency – the action begins.

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Mit „action“ meint er natürlich Sex. Seine Maschine soll die Menschen von der Arbeit abhalten und sich sexuellen Ausschweifungen hingeben. Auf diese Weise will er von den Regierungen der Welt Milliarden Dollar erpressen, weil die Wirtschaften beim Dauererinsatz seiner Maschine natürlich zusammenbrechen würden, wenn alle nur noch das Eine tun (anstatt nur daran zu denken). Bald jedoch ist der Wissenschaftler selbst sehr angetan von dem, was er sieht, und plant die Maschine nun auch für persönliche libidinöse Interessen einzusetzen.

Dass die Orgien-Maschine durchaus in der Lage ist das soziale Gefüge ins Wanken zu bringen, verdeutlichen die Situationen und Konstellationen, die in den acht Sex-Sequenzen dargestellt werden:

  1. Skopophilie: Eine Frau auf einem Schiff beobachtet ein kopulierendes Paar und onaniert.
  2. Sex am Arbeitsplatz: Ein Chef schläft mit seiner Sekretärin im Büro.
  3. Sex in der Refraktärphase: Kurz nach dem Koitus wird ein erschöpftes Paar durch die Strahlen zu erneuter „action“ bewegt.
  4. Vorehelicher Sex: Zwei Jungverlobte können strahlenbeeinflusst nicht mehr bis zur Hochzeitsnacht warten.
  5. Orgie: Der Chef aus Szene 2 hat abermals Sex – nun jedoch mit zwei Frauen.
  6. Sex in der Öffentlichkeit: Ein in einem Swimmingpool schwimmendes Paar wird von den Strahlen getroffen und beginnt noch im Wasser mit dem Liebesspiel.
  7. Missbrauch: Ein Artz und Angestellter Werner von Sperms verführt eine Patientin, die in psychiatrischer Behandlung bei ihm ist.
  8. Bisexualität und Gotteslästerung: Drei Bibelschüler (zwei Männer, eine Frau) unterbrechen ihre harmlose Freizeitbeschäftigung und fallen übereinander her. Dabei kommt es auch zu schwulem Sex.

Die Macht der Maschine scheint also unbegrenzt – sie setzt die Triebe frei, die durch die Kulturalisation unterdrückt worden sind und sprengt die Vorstellungen von „normalem“ heterosexuellem Sex. Die Maschine fungiert dabei als Katalysator und gleichzeitig als Re-Kulturalisation, denn es ist ja schließlich Technologie, die all dies verursacht: „Their brain cells are impregnated with my sex machine – completely impregnated!“ Dass diese Verschmelzung von Organ und Maschine nicht lange gut geht und die orgy machine – wie das ähnliche Modell in „Randy“ – irgendwann den Geist aufgibt, erscheint fast zwangsläufig. Am Ende der achten Sequenz kommt es zum Kurzschluss und zur Explosion. Der Film endet mit dem Bild einer Atomexplosion. Ob man dieses Ende dann jedoch als „bad“ oder „happy“ (die Kettenreaktion und Bombenexplosion also als Bildmetapher) lesen will, bleibt einem selbst überlassen.

Den Schlussmonolog habe ich noch einmal mitgeschnitten, gerade weil er das interessante Sounddesign des Films (Jazzmusik, elektronische Geräusche der orgy machine, Lust-Gestöhne und das gepresste Sprechen des Wissenschaftlers) wiedergibt – und weil sich im Monolog Werner von Sperms all die Doppeldeutigkeiten der naturwissenschaftlichen Terminologie, die der Film präsentiert, offenbart. Abermals warne ich zartbesaitete Leser vor eventuell zu hörenden Sexlauten:

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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