Data Analysing Robot Youth Lifeform

D.A.R.Y.L. (USA/UK 1985, Simon Wincer) (DVD)

Roboter wie D.A.R.Y.L. sind immer auch irgendwie Schablonen für menschliches Verhalten, für seine Anpassungsfähigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten. Nicht ohne Grund hat man hier den Körper eines Kindes gewählt – abermals menschlicher Oragnismus plus maschinelles Gehirn – um grundlegende Fragen der Menschwerdung aufzuwerfen. Dies wären:

  1. „What is a hooker?“
  2. „Children belong to parents.“ „Like your car belongs to you?“
  3. „You are a real person.“

Die letzte Frage (die keine echte Frage ist, aber eine Antwort, die ohne Frage gegeben wurde und also die Frage gleich mit aufwirft) wird von einem überaus pragmatischen Standpunkt aus beantwortet: „A machine becomes human when you can’t tell the difference.“ Damit begibt sich „D.A.R.Y.L.“ direkt auf das Feld der Uncanny-Valley-Forschung. Die „difference“ ist hier eine, die nicht auf dem Äußeren, sondern auf dem Verhalten beruht. Von Catrin Misselhorn habe ich die Oppostion empathy/dyspathy gelernt und genau die lässt sich auch auf den Roboter D.A.R.Y.L und den Film anwenden:

„Dyspathy is more than just apathy – a lack of feeling -; it is a distinctly negative, aversive feeling toards androids. […] Paradoxically, dyspathy occurs particularly with characters that show a very high degree of humanlikeness.“*

Konkret zeigt sich die Dyspathie so, dass D.A.R.Y.L. ein Über-Junge ist: Er flucht nicht, macht keinen Unsinn, räumt unaufgefordert die ganze Wohnung auf, ist höflich, ein Sport-Ass, ein Streber, „und trotzdem mag ich ihn“, sagt einer seiner Freunde über sich selbst verwundert. D.A.R.Y.L.s Pflegemutter beruft aufgrund dieses Verhaltens sogar eine Mütter-Konferenz in ihrer Küche ein, in der sie ihr Unbehagen formuliert. Das bekommt D.A.R.Y.L. heraus und lernt unartig zu sein, wofür seine Mutter ihn dann sogleich in die Arme schließt: Endlich ein richtiger Junge!

Zu lernen, dass D.A.R.Y.L. ein Mensch ist, weil man einen Menschen in ihm sehen kann, ist auch Aufgabe der Wissenschaftler. Die findet – wie in „Westworld“ – abermals zuerst auf der sprachlichen Ebene statt: „Stop calling him ‚it‘!“ fährt ein Forscher seine Kollegin an. Das Militär will das Projekt D.A.R.Y.L. beseitigen, weil die Gefühle die es er hat, seinem militärischen Einsatz im Wege stehen und beauftragt die Wissenschaftler mit der Vernichtung. Doch D.A.R.Y.L. hat beide längst auf seine Seite gezogen.

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Ein im Film leider nur am Rande angeschnittenes Phänomen sind D.A.R.Y.L.s besondere Fähigkeiten. Er lernt vor allem Spiele durch bloßes Beobachten und erlangt schnell Meisterschaft in „Pole Position“, im Baseball, im Klavierspiel. Er lernt spielend Autofahren, Flugzeugfliegen. Modelllernen durch Medien spielt dabei eine besondere Rolle für ihn (und andere Roboter). Er wiederholt seine rasante Pole-Position-Fahrt auf der Flucht vor dem Militär auf der Autobahn, fährt Stunts nach, die er kurz zuvor im TV gesehen hat. D.A.R.Y.L. ist multitaskingfähig, schaut gleichzeitig drei Filme, spielt zwei Spiele („Caverns of Mars“ und „Missle Command“) und betrachtet Lissajous-Figuren – die vielleicht rudimentärste Computer-Kunst.

Sein Verhältnis zu Computern und Roboter ist jedoch zwiespältig: „I can read what a computer is doing“, beschreibt er seine Fähigkeiten, z. B. Bankautomaten zu manipulieren. Doch als er im TV einen alten Roboter-Film sieht, ist auf einmal alles um ihn herum vergessen (sogar die Funk-Berichte seines Freundes über das „nuttige“ Verhalten von dessen großer Schwester). Bekommt D.A.R.Y.L. in diesem Moment, ein Bild davon, wie es sich anfühlt als Mensch mit ihm sozial und emotional zu interagieren?

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* Catrin Misselhorn: Empathy and Dyspathy with Androids. Philosophical, Fictional and (Neuro-) Psychological Perspectives, erscheint in: Between Nature and Culture After the Continental-Analytical Divide. Konturen 2 (2009).

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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