Soldaten sind Zombies.

Dead Snow (Død snø, Norwegen 2009, Tommy Wirkola) (Cinemax, FFF-Nights)

Die Kongruenz von Zombies und Soldaten im Film ist schon eine eigenartige, aber in „Dead Snow“ durchaus nicht zum ersten mal behauptete. Ihre Geschichtelässt sich von „Zombie Lake“ über „The Supernaturals“ bis „Homecoming“ verfolgen. Ich erinnere mich an einen Film, den ich in den 1980ern gesehen habe, und der „Die Nacht der Zombies“ hieß: Auch da haben wie in „Dead Snow“ untote Wehrmachtsoldaten eine verschneite Einöde unsicher gemacht.

Dass es stets tote Soldaten und oft solche verlorener Kriege sind, die aus den Gräbern zurückkehren, ist auffällig und „Homecoming“ hat vielleicht auch schon erklärt, warum das so ist: Mehr noch als im „normalen“ Zombiefilm bekommen die Untoten hier die Funktion eines antropomorphen „schlechten Gewissens“. Nun kann man sich aber fragen, welches schlechte Gewissen eine untote SS-Truppe im verschneiten Norwegen zum Leben erweckt? Norwegen zählte ja nun nicht gerade zu den Verbündeten der Deutschen und im Film wird auch die Sage von überaus grausamen Besatzern erzählt, die ein ganzes Dorf terrorisiert haben, bis sie von der Bevölkerung in den Kältetod gejagt wurden. Dabei muss versehentlich oder absichtlich ein Nazi-Schatz im Besitz der Terrorisierten geblieben sein, weshalb es die Zombies gibt, die diesen zurück haben wollen. Wollte man in „Dead Snow“ nicht ein Fanal gegen den Retributivismus sehen, müsste man wohl die These vom „schlechten Gewissen“ fallen lassen.

Der Film hält sich allerdings auch gar nicht lange mit Begründungsmythen und Schuldzuweisungen auf, sondern zwingt seine jugendlichen Protagonisten recht bald in ihren Überlebenskampf gegen die Zombies. Dieser wird extrem blutig und schwarzhumorig inszeniert, angereichert mit Norwegen- und Nazi-Witzen. Leider ist dem Kameramann nur eine einzige Möglichkeit Überraschungen zu inszenieren eingefallen und die hat er sich auch noch aus „Halloween“ abgeguckt: Sukzessive Verringerung der Einstellungsgrößen und Vergrößerung der Brennweiten, so dass der Hintergrund aus dem Blick gerät, in welchem dann natürlich das Unheil unbemerkt seinen Lauf nehmen kann. Nach der fünften derartigen optischen Überraschung (die jeweils mit Soundtrack-Bumm garniert wird), hat man sich dran gewöhnt und kann sich ganz auf abgewickelte Därme und viergeteilte Snowmobile-Fahrer konzentrieren. Die grimmig dreinschauenden und mit für ihr alter noch recht frisch wirkenden SS-Uniformen ausgestatteten Zombies gibt es als Augenfänger in der ansonsten sehr schön fotografierten norwegischen Winterlandschaft obendrein.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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