Die Schaltlogik des Verbrechens

Bei Anfruf Mord (Dial M for Murder, USA 1954, Alfred Hitchcock) (DVD)

Die Mutter aller Telefon-Thriller, aber noch weit mehr ist Hitchcocks Film über das perfekte Verbrechen. Im Zentrum stehen nicht die Personen, sondern die Dinge. Sie sind es, die den Verlauf der Handlung bestimmen, die die Konstruktion (des perfekten Verbrechens) zerstören und ein Eigenleben entwickeln: Scheren, Strümpfe, Schlüssel, ein Brief … und natürlich das Telefon.

In den acht Filmtelefonaten zeigt sich, wie sich die Stärken und Schwächen telefonischer Kommunikation gegen den Medien-Verwender richten. Es wird zur Tatvorbereitung, zur Tatdurchführung, zur Scheinaufklärung und zur Aufklärung telefoniert und jedes Mal kommt es doch anders als geplant, denn die „Fernbedienung für den Körper und Verstand des Anderen“, die das Telefon in solchen Situationen darstellen soll, versagt. Der Mensch funktioniert nicht nach der Schaltlogik des NAND, nach welcher Telefonverbindungen aufgebaut sind – wie um das zu unterstreichen, zeigt Hichtcock uns eine automatische Vermittlungsstelle, als der Mord-Anruf getätigt wird:

Zudem: Das perfekte Verbrechen ist eine künstlerische Vision, die nur deshalb funktioniert, weil Tat und Aufklärung als logisch vollständig nachvollziehbare (und daher präjudizierbare) Handlungsfolgen gedacht werden. Hitchcock macht sich genau darüber lustig, indem er einen Krimiautoren in die Filmhandlung einführt, der wie durch Zufall das geschehene Verbrechen als Kriminalplot (re)konstruiert. Ähnlich findet sich solch eine Re-/Konstruktion bereits in Clouzots „L’Assassin …“

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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