»Mein Code wurde infiziert.«

One Point Zero (USA 2005, Jeff Renfroe, Marteinn Thorsson) (DVD)

Ganz zufällig habe ich „One Point Zero“ gestern in einer Videothek entdeckt und für 3,50 Euro mitgenommen, weil ich dachte, dass der Film zu meinem „Computer im Film“-Thema eine interessante Ergänzung wäre. Ist er aber nicht, anstelle dessen ist er allerdings ein hoch interessanter und überaus ansprechend gestalteter dystopischer Science Fiction.

Darin bekommt es ein Programmierer mit der Angst zu tun, als im täglich leere Pakete in seiner abgeschlossenen Wohnung abgestellt werden. Zudem häufen sich seltsame Ereignisse in dem Haus, in dem er wohnt: Als er etwa bei einem Nachbarn zu Besuch ist, um dessen SM-Videospiel zu testen, wird dieser Nachbar vor seinen (von einer VR-Brille verdeckten) Augen umgebracht. Eine Krankenschwester, die am Ende des Flurs wohnt, scheint ebenfalls eine mysteriöse Rolle in der Verschwörung zu spielen. Irgendwann wird unserem Helden dann mitgeteilt, dass die Pakete keineswegs leer waren, sondern „Nano-Milben“ in der Version 1.0 enthalten haben, die nun durch seinen Körper wandern, Halluzinationen und einen unbändigen Drang nach frischer Milch verursachen. Es kann ihm jedoch durch ein Upgrade von der „Beta-Version“ der Milben auf die Version 1.1.5 geholfen werden. Auch das Upgrade funktioniert über Berührung. Kurz darauf brennen ihm dann alle Sicherungen durch und der wahre Verschwörer (ein im Keller lebender alter Mann) sucht ihn in seiner Wohnung auf und baut ihm die „Festplatte“ auf: Ob der in der letzten Einstellung des Films zu sehende geöffnete Kopf nun zuvor ein Gehirn oder wirklich eine Festplatte enthalten hat, bleibt unserer Interpretation überlassen.

„One Point Zero“ ist ein tolles Beispiel dafür, wie eine allgegenwärtige und selbstverständlich gewordene Technologie (hier: Computer) Tücken entfaltet, mit denen niemand (mehr) rechnet und gegen die deshalb auch niemand gewappnet ist. Selbst als sich die Zeichen einer technologischen Verschwörung so sehr in den Vordergrund drängen, dass man sie gar nicht mehr übersehen kann (der Protagonist erhält etwa andauernd Anrufe von einer ans Internet angeschlossenen Puppe aus einer Nachbarwohnung), sind die Filmfiguren eher noch bereit, sich selbst dafür verantwortlich zu machen: „Vielleicht spielt sich das alles nur in deinem Kopf ab.“

„One Point Zero“ ist fast ausschließlich in einem Sepiaton gefilmt. Einzig die wenigen Szenen in dem Supermarkt, wo unser Held sich seine Milch kauft, sind in blendendes Weiß getaucht. Hinzu kommt ein stark desorientierend wirkender Umgang mit Close-ups, die natürlich gleichzeitig die vergrößerten „Dinge“ mit Bedeutungen aufzuladen scheinen. „One Point Zeor“ ist einer der attraktivesten Filme, die ich in der letzten Zeit zu Gesicht bekommen habe – und das obwoh das, was er zeigt, keineswegs attraktiv ist.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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