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Ghost in the Machine (USA 1993, Rachel Talalay) (DVD)

Der Geist in Talalays Computer-Film zählt zur dämonischen Sorte: Es handelt sich um den virtualisierten Verstand eines Serienmörders, der zu Lebzeiten in einem Computergeschäft mit dem Namen „Computer Universe“ gearbeitet und sich dort die Adressen seiner Opfer aus gestohlenen Adressbüchern besorgt hat. Auch das Adressbuch der alleinerziehenden Terry Monroe, die mit ihrem Sohn den Laden besucht, weil sie ihrem Chef eine Terminverwaltungssoftware kaufen will, gerät ihm in die Hände – und zwar als Scan. Denn um zu zeigen, was moderne Microcomputer-Technik alles drauf hat, digitalisiert der Ladenbesitzer einfach ein paar Seiten des Filofax und lässt eine Texterkennungssoftware darüber laufen.

Der Serienmörder – sinnigerweise „Addressbook Killer“ genannt – gerät jedoch erst an die Daten, als er nicht mehr unter den (körperlich) Lebenden weilt: Er hat einen Autounfall und stirbt kurz danach in der Klinik unter einer CRT-Röhre, was seinen Geist beflügelt und in die elektronischen Datennetze des Krankenhauses entkommen lässt. Wie es der Zufall will, ist sein erster Heimsuchungsort der ISP „DataNet“, der gerade den berüchtigten Ex-Hacker Bram Walker als Systemadministrator eingestellt hat. Der wundert sich, warum es im Mainframe(!)-System herumspukt und vermutet den Fehler noch in der Hardware. Indes hat sich der Serienmörder-Geist von dort aus Zugriff auf das Internet verschafft und holt sich die besagten Adressbuch-Scans aus dem Firmencomputer ab.

Damit beginnt das kreative Töten … denn der Killer kann sich ausschließlich über elektrische und elektronische Netze Zugang zu seinen Opfern verschaffen. Und davon gibt es genug: Radionetz, Telefonnetz, Stromnetz, Internet, ja sogar das Verkehrsnetz macht er unsicher, um schließlich bei Terry und ihrem computertechnisch begabten Sohn zu landen. Die haben sich zwischenzeitlich Hilfe von Bram geholt, der ihnen erst einmal aufträgt, das Haus komplett von allen derartigen Netzen abzukappen und den Geist schließlich in einen nahe gelegenen Teilchenbeschleuniger lockt, wo er durch starke magnetische Felder ausgetrieben werden soll.

Skurrile Geschichte, in sich aber sehr stimmig und mit einem furiosen Einsatz von Computergrafik versehen. Zudem wartet der Film mit einigen spektakulären Kamerafahrten und -perspektiven auf, wie allesamt die Perspektive des virtualisierten Killers und seiner Reisen durch die Netze bebildern. Die Metaphorik des Datenstroms, der auf der Suche nach Schnittstellen zur außervirtuellen Welt ist, wird dadurch überaus anschaulich. Dass der Serienmörder es zunächst auf Adressen abgesehen hat, prädestiniert ihn für solch eine Netz-Existenz ja auch geradezu: Wie ein fleißiges kleines Maschinensprache-Programm arbeitet er seine Stacks ab und lässt seine Aufmerksamkeit von Adresse zu Adresse wandern bis er ans Ende seines Codes gelangt ist und schickt sich selbst über das Netz von Angriffsziel zu Angriffsziel. Heute nennt man so etwas einen Wurm.

The X-Files: Ghost in the Machine (USA 1993, Jerrold Freedman) (DVD)

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass es auch eine „Akte X“-Folge mit dem selben Titel und der nahezu selben Story gibt. Sie stellt so etwas wie ein Bindeglied zwischen den Geister-Begriffen her, denn der hier ist es ein überaus klug programmiertes Betriebssystem mit dem Namen COS („Computer Operating System“), dass in der Firma Eurisko sein Unwesen treibt. Mulder und Scully glauben natürlich zunächst nicht an den Spuk und machen den Programmierer der Software ausfindig. Der hackt sich für sie in das System und killt es mit einem so effektiven Virus, dass das Verteidigungsministerium, das sehr interessiert an dem Programm war, nichts mehr davon vorfindet. Kurz bevor der Hacker seinen Todescode abschickt, wird er von der Sprachausgabe des Systems gefragt: „What are you doing, Brad?“ Das soll dem Zuschauer natürlich bekannt vorkommen und die Folge gegen (berechtigte) Plagiatsvorwürfe panzern …

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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Eine Antwort zu machine(ghost)

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