Duisburg-Ruhrort

Tatort: Duisburg-Ruhrort (BRD 1981, Hajo Gies) (DVD)

Ich habe mich etwas schwer getan, den Film ins Filmtagebuch aufzunehmen, weil „Tatort“ ja eigentlich eine TV-Reihe ist und wenn ich erst einmal damit anfange, die auch noch kommentierend zu archivieren, komme ich gar nicht mehr aus dem Simulationsraum heraus. Aber weil die Schimanski-Tatorte zu den interessantesten deutschen TV-Krimis überhaupt gehören und ich sonst ja gar kein Tatort-Gucker bin, mache ich mal eine Ausnahme:

Bild: WDRBild: WDR

„Duisburg Ruhrort“ ist zwar nicht der erste Tatort, in dem Götz George mitspielt, aber der erste, in dem er als Kommissar Horst Schimanski auftritt. Die Figur bekommt hier gleich alle Attribute, die ihre spätere Popularität ausmachen, verpasst: Das chaotische, ewig verschlafene, undisziplinierte Image (gerade im Kontrast zum Kollegen Thanner, der exakt das Gegenteil verkörpert), die unorganisierte Art der Ermittlungspraxis und selbst die Jacke, die er im letzten Tatort gegen einen Supermarkt-Kittel tauschen muss, hat er hier schon an. Das Ambiente des Films ist trister als man es für möglich halten könnte. Smog, Industrielandschaft, Dauerregen und schummeriges Licht bestimmen das Setting. Ein Blick aus dem Fenster ist deprimierend, aber noch deprimierender ist ein Blick neben das Fenster im Polizei-Revier, wo ein riesiges Poster eben derselben Industrielandschaft in Schwarz-Weiß prangt.

Dass sich an solch einem Ort nicht einmal das Verbrechen organisieren will und es damit dem Ermittler unmöglich macht, eine zielführende Spur zu entdecken, scheint fast zwangsläufig. Und deshalb ist dieser Tatort-Film auch gar kein Kriminalfilm im herkömmlichen Sinne, sondern eher ein Pastiche aus Versatzstücken desselben, die niemand (vor allem nicht Schimanski) zu einem kohärenten Ganzen zusammensetzen kann. Ein gleichermaßen berückendes und bedrückendes Zeugnis deutscher Kultur um 1980, dem das grellbunte Neonlicht der folgenden Jahre noch nicht anzusehen ist.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
Dieser Beitrag wurde unter Filmtagebuch veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.