»a life engulfed, consumed with lust«

The Devil in Miss Jones (USA 1973, Gerard Damiano) (DVD)

Einer der unbestrittenen Klassiker des Hardcore-Films beginnt schon gleich mit einer pornografischen Antklimax sondergleichen:

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Miss Justine (!) Jones begeht Suizid in der Badewanne – ein Prozess, der im Film die ersten siebeneinhalb Minuten in Anspruch nimmt. Eine Szene später sitzt sie neben einem Schreibtisch, hinter dem eine Petrus-Figur darüber bestimmt, wer in den Himmel darf und wer in die Hölle muss. Da Miss Jones ihr gesamtes Leben lang keusch und ohne Sünde gelebt hat, wäre sie eigentlich prädestiniert für die Himmelfahrt; der Gott der Christen mag jedoch bekanntlich keine Suizidanten und so ist sie des Teufels. Sie bereut sofort – nicht, dass sie sich das Leben genommen hat, sondern dass sie dieses Leben nicht mit mehr Gründen gefüllt hat, in die Hölle zu müssen und handelt mit dem Schreibtischtäter aus, dass sie für eine bestimmte Zeit zurück in die Welt darf, um all das nachzuholen, was sie verpasst hat. Was dann folgt, ist ein Pornofilm.

Auf alle erdenklichen Weisen wird sie nun defloriert und eingeweiht in die Geheimnisse der Lust. Ihr Lehrer dafür ist niemand geringeres als Harry Reemes, der ihr eine Ausbildung angedeihen lässt, wie sie „Die Geschichte der O.“ nicht besser vorführen könnte. Der Pornofilm beschreibt hier die Verbindung von Lust und Schmerz, Liebe und Gewalt, Samen- und Blutvergießen als Entwicklungsroman, um seiner Schülerin am Ende ihres Exzesses die Rechnung zu präsentieren: Ihre einmal geweckte Lust ist nun unstillbar und verlangt nach ständiger Befriedigung, doch der einzige Mann, der sich mit ihr in ihrer Hölle befindet, ist ein impotenter Paranoiker, der sie nicht einmal zu berühren wagt. Und so sitzen sich beide in Agonie und für Ewigkeiten gegenüber.

Die Hölle der Pornografie, das ist die Impotenz des Anderen.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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