Regelbewusstsein

Der Fluch von Siniestro (Curse of the Werewolf, GB 1961, Terence Fisher) (DVD)

Am Samstag kamen zwei EuroVideo-DVDs, mit denen dort eine Hammerfilm-Kollektion begonnen wird: „Dracula und seine Bräute“ und der Werwolffilm „Der Fluch von Siniestro“. Letzeren habe ich mir gestern gleich einmal angesehen.

Und es ist schon erstaunlich, wie schwer der Film in die Gänge kommt. Mehr als eine Stunde vergeht, bis der Werwolf sein Unwesen zu treiben beginnt. Die Zeit davor wird mit einer Vorgeschichte verbracht, die die Regeln des Werwolfhorrors erklärt. Und Regeln gibt es wirklich nicht wenige: Die Bedingungen, unter denen ein Werwolf entsteht, sind genau festgelegt, wie man ihn bekämpfen und töten kann, unter welchen Bedingungen er sich verwandelt (oder nicht) – alles wird begreifbar gemacht. Der übliche Skeptiker bzw. Rationalist des Films (hier der Pflegevater des Werwolfs), der natürlich nicht ans Unnatürliche glaubt, wird genau durch diese Mechanismen gewonnen. Funktioniert sein Weltbild ausschließlich regelhaft, dann müssen eben Regeln her, um das Irrationale in die Sphäre des Rationalen zurückzuzerren. Vielleicht ist dieses Übermaß an Rationalisierung ein Grund dafür, warum Vampirfilme heute kaum noch gruselig sind (und das Fehlen, bzw. die extreme Reduktion solcher Regeln der Grund, aus dem Zombies immer noch grauenhaft wirken).

Fishers Film verbringt so viel Zeit und Mühe damit, dieses Regelsystem zu konstatieren und in den Protagonisten- und Zuschauerköpfen zu etablieren, dass ihm seine Dramaturgie und auch einige logische Faktoren der Erzählung völlig gleichgültig werden. Da schrumpfen etwa ständig weite Strecken aufs Fußläufige, je nachdem, wie der Plot das gerade benötigt. Zum Ende hin entwickelt der Film dann eine Hatz, die innerhalb von Minuten holterdipolter alle Handlungsfäden zusammenführen und an ein Ende bringen will. Einen derartig wirren Horrorfilm habe ich lange nicht gesehen. Das erklärt vielleicht auch, warum er mich als Kind so beeindruckt hat.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
Dieser Beitrag wurde unter Filmtagebuch veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.