Immer dasselbe …

Dass die Literatur zu Haneke kaum Originelles enthält, mag wohl daran liegen, dass Haneke die Diskussionen immer schon erfolgreich virusartig unterwandert hat. Dass die Wiederhoungen aber so wie die folgende ausfallen, ist schon verwunderlich:


Andreas Kilb schreibt 1997 in seinem „Zeit“-Beitrag zu den Filmfestspielen in Cannes:

„Die Grenze, welche die Horrorbilder vom wirklichen Horror des Lebens trennt, kann auch FUNNY GAMES nicht überschreiten. Aber immerhin hat er sie markiert, ein für allemal.“

Acht Jahre später hat Haneke-Diplomand Karl Ossenagg in einem Sammelband über den österreichischen Landsmann dann folgenden Einfall:

„Die Grenze, welche die Horrorbilder vom wirklichen Horror des Lebens trennt, kann auch FUNNY GAMES nicht überschreiten. Aber immerhin hat er sie markiert, ein für allemal.“

(Quelle: Ossenagg, Karl: Der wahre Horror liegt im Blick. Michael Hanekes Ästhetik der Gewalt. In: Wesely, Christian/Larcher, Gerhard/Grabner, Franz [Hrsgg.]: Michael Haneke und seine Filme. Eine Pathologie der Konsumgesellscahft. Marburg: Schüren 2005, S. 115-144. Hier: S. 137.)

Ein Zitatnachweis, oder ein Hinweis darauf, dass Ossenagg den Kilb-Text kennt, taucht im ganzen (übrigens insgesamt unoriginellen und intentionalistischen) Text nicht auf, wohl aber ein Hinweis auf die ebenfalls 1997 erschienene „Funny Games“-Kritik von Thomas Assheuer. Bei Ossenagg steht diese allerdings in der FAZ – und nicht in der „Zeit„. (Vgl. a.a.O., S. 132: Fußnote 49.)

Von Assheuer übernimmt Ossenagg den „Wette“-Vergleich (der Moralist Haneke mit Moralist Blaise Pascal vergleichbar machen soll) – ohne Referenz auf den Ursprung der (schlechten) Idee anzugeben. Eine andere schlechte Idee, nämlich sich über Musik zu echauffieren, die man nicht einordnen kann, übernimmt Ossenagg (ohne Quellennachweis) von Lederle, variiert hier aber wenigstens:

Josef Lederle schreibt 1997 in seiner „Funny Games“-Kritik (filmdienst, 18/1997, S. 16):

„Eine friedliche, gelöste Szenerie, bis plötzlich ohrenbetäubendes Heavy-Metal-Dröhnen losbricht uns sich der Filmtitel in schweren, blutroten Lettern leinwandfüllend über die Einstellung legt.“

Bei Ossenagg (a.a.O., S. 132.) heißt es hingegen:

„Eine friedliche Szenerie, bis plötzlich ohrenbetäubendes Heavy-Metal-Gedröhne losbricht. John Zorn meets Händel. […] In schweren, blutroten Lettern legt sich der Filmtitel über die Einstellung“

Die Diplomarbeit würde ich ja gern mal lesen – aber vielleicht habe ich das ja schon. 😉

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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Eine Antwort zu Immer dasselbe …

  1. Wie ich vom Autor (Karl Ossenagg) gerade per E-Mail erfahren habe, handelt es sich bei den Text-Übernahmen um Zitate, die in der Druckfassung des Textes herauszunehmen bzw. zu kennzeichnen vergessen wurden. So etwas kann natürlich passieren und dann will ich auch nichts unterstellt haben.

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