»sich mit zu verrückten Deutungen lächerlich [..] machen«

Wo ich gerade diesen Text lese:

Der Film ‚Copycat‘ (US 1995) entwirft einen erstaunlichen Typus serieller Morde, indem ein Täter berühmte historische Fälle anhand von Tatortphotos nachinszeniert. Den englischen Originaltitel: ‚copycat‘ übersetzt das Lexikon als [Am sl Nachahmerin f]. Wiederholung und Weiblichkeit verschränken sich: der Killer wird sprachlich verweiblicht. Wie wäre nun eine solch perfide neue Positionierung eines Serienkillers zu beantworten, der weibliche Leichen als Nachahmung und Zitat produziert? Sein ‚Produktionsmodus‘ wäre immerhin einer, der weibliche Rollenstereotypen ausspielt: Wie eine ‚Frau‘ – ohne Originalität, ohne Autorschaft. Die Herausforderung den Kampf mit einem derartigen ‚Copycat-Killer‘ aufzunehmen, stellt sich unweigerlich zwei emanzipierten Frauen. Die eine wissenschaftliche Koryphäe zur Psyche von Serienkillern, die andere eine Kriminalbeamtin. Wie der Täter letztlich überwunden wird, verdient insbesondere hinsichtlich geschlechtlicher Inszenierung genaue Betrachtung.

Nein, „copycat“ heißt nicht „Nachahmungstäterin“ (das „f“ in der Definition steht für „familiar“ und bedeutet, dass es ein umgangssprachlicher Ausdruck ist). Nein, reale Täterbilder in fiktive Spielfilmhandlungen zu integrieren, ist keineswegs neu – und auch Namensnennungen hat es schon vor „Copycat“ gegeben. Und nein, mit der verulkenden Vertauschung von „Mondzyklus“ und „Monatszyklus“ insinuiert „Copycat“ keineswegs einen Paradigmenwechsel zum Mord als effeminiertem Phänomen. In der Originalfassung macht der Wortwitz nämlich aus „lunar cycle“ ein „moon bike“.

    Die Liste der im Text auftauchenden Beobachtungsfehler ließe sich verlängern.

    Wie so oft, ist auch bei Claudia Reiche hier die These der Vater der Argumentation, nach welchem sich die Fakten zu richten haben. Dass es immer wieder aufgeregte gendertheoretische oder – wie bei A. Schwab – kulturpessimistische Thesen sein müssen, die zu solchen Beobachtungsfehlern führen, ist bemerkenswert.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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