»I’ve harmed nobody, just robbed a few graves!«

Curse of Frankenstein (GB 1957, Terence Fisher) (DVD)

In Vorbereitung auf mein "Blood Feast"-Kapitel und weil ich mich schon gar nicht mehr an den Film erinnern konnte (Whales Vorlage ist zu nachdrücklich und überlagert alle anderen Frankenstein-FIlme) habe ich mir gestern Terence Fishers Hammer-Studio-Einstandsfilm angesehen.

Und ein wenig enttäuscht war ich schon. Der Film verbringt zu viel Zeit mit der Vorgeschichte des Barons, seinem wissenschaftlichen Werdegang und den Vorbereitungen auf das Experiment. Die Akribie ist für die Autentizität der Erzählung sicherlich hilfreich – dramaturgisch erlahmt sie den Zuschauer allerdings sehr stark. Als Christopher Lee dann endlich seinen Auftritt als Monster bekommt, hat man fast Mitleid mit ihm (dem Schauspieler, nicht dem Monster), denn das, was da zwischen den Bandagen hervor lugt, ist kaum wiederzuerkennen. (Da drängen sich Vergleiche mit seinem "Gastauftritt" in "Lord of the Rings – Return of the King" auf. :-D)

Herschell Gordon Lewis‘ "Blood Feast" hat allerdings eine Menge mit dieser Frankenstein-Version gemein. Vom manischen Körperteilsammler (der bei Lewis zudem noch auf den "Ed Gein"-Fall referiert) über die Farbdramaturgie, gerade bei den Ekelszenen, bis hin zum leichten Hang zur Sexploitation. Überhaupt ist die Charakterisierung des Barons als "Heiratsschwindler" und Erotomane hier sehr interessant, verleiht sie der Figur und der Erzählung doch einen interessanten Beigeschmack. Nicht mehr – wie bei Whale – der von reinem Forschergeist besessene Wissenschaftler – also die Hybris der Vernunft – führt hier die Katastrophe herbei, sondern jemand, dessen pathologische Züge auch ganz offen libidinös gefärbt sind: ein "Triebtäter" sozusagen.

Schließlich ist "Frankenstein" auch einer der frühesten europäischen Farb-Horrorfilme (kennt jemand Beispiele für frühere?). Ein Splatterfilm, wie der nachfolgende "Dracula" aus den Hammer-Studios ist er allerdings nicht.

P.S. Ein nettes Bonmot war die Ermordung des Professors, den der Baron unter einem Vorwand zu einem "Gemälde, dass ich Ihnen unbedingt zeigen muss" auf die Balustrade im ersten Stock des Hauses lockt. Als der offenbar kurzsichtige Professor nahe vor das Gemälde tritt, versetzt Frankenstein ihm einen Stoß nach hinten über ein angesägtes Geländer. Der Professor stürzt in die Tiefe und ist tot. Der laute Warnruf "Vorsicht, Professor!" und das Sujet des gezeigten Gemäldes sollen Frankenstein offenbar als Sicherheit dienen, dass der Unfall Folge einer starken Affektregung des Professors war. Beim Gemälde handelte es sich um Rembrandts "Anatomie des Dr. Tulp" (1632):

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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