Sex & Krieg – Vergessen & Vergeben

Nachtrag zu gestern: Zwei Filme

I am a Sex Addict (USA 2005, Caveh Zahedi)

Zahedis nach eigenen Angaben „biografischer Film“ über die eigene
Sexbesessenheit bedient sich etlicher Stil-Mittel, seinen Stoff als
authentisch auszuweisen – Mittel, die aber vor allem die Gemachtheit
des Films offenbaren. Mit den Methoden Brecht’scher Verfremdung
präsentiert der Film eine geraffte und mit nachträglicher
(psychologischer) Kohärenz versehene Lebensbeichte, in deren Zentrum
ein Sujet steht, das sich der Erfahungswelt des Zuschauers entzieht und
eben deshalb so wenig realistisch ist (wie der Regisseur betont). In
der gegenseitigen Kommentierung von Machart und Inhalt des
Dokumentar-Spielfilm-Hybrids gelangt „I am a Sex Addict“ dann zu einer
höhreren Stufe der Realität – der der Entbergung einer „biografischen
Filmästhetik“.

The Jacket (USA/GB/D 2005, John Maybury)

Einmal anders herum wird nicht das Leben nach dem Krieg als Parabel
(und Fortsetung) des Krieges verstanden, sondern der Krieg als ein
Extrembeispiel für das Leben und den Umgang mit biografischer Zukunft
und Vergangenheit verstanden. Sich der Mittel „unzuverlässiger
Erzählungen“ bedienend, berichtet „The Jacket“ von einem
Psychiatrie-Insassen des Jahres 1992, der während
Isolationsexperimenten in das Jahr 2007 reist und von dort Wissen über
seinen Tod und die Zukunft seiner Mitmenschen mit in die Vergangenheit
zurück bringt. Damit verändert er beide Zeitebenen. Was als beklemmende
Leidens- und Krankengeschichte eines Irakkrieg-Veterans beginnt, kippt
bald in eine leider schon hinreichend bekannte 12-Monkeys-Variante, die
aber immerhin für sich verbuchen kann, von einem extrem emphatischen
Darsteller umgesetzt zu werden.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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