»Eine echte Ente will ich sein!«

Riget 1 & 2 (Geister, Dänemark 1994 & 1997, Lars von Trier & Morten Arnfred) (DVD)

Das war schon so etwas wie eine kleine Liebesbeziehung, die ich da in
den vergangenen acht Tagen geführt habe. Die Charaktere, die
Bildästhetik, die skurrilen Ideen des Skripts, der charmant-harmlose
Grusel … das wächst einem sehr schnell ans Herz. Und dann heißt es
Abschied nehmen, ohne dass es wirklich ein Ende gefunden hätte.

Lars von Triers Prä-Dogma-Serie „Riget“ ist ein kleines Juwel der
Fernsehgeschichte. Die Dekonstruktion des Krankenhaus-Topos, eine
Überzeichnung des Ärztestandes, ohne in schale Kritik abzudriften, ein
reflexiver Kommentar von Rationalität und Spiritualität. Mit
welcher Behutsamkeit die Handlungsfäden aufgenommen und fortgesponnen
werden, ist eine – seit „Twin Peaks“ einzigartige Vorgehensweise.

Überhaupt erinnert vieles in „Riget“ an Lynchs Fernsehserie, ohne dass
man Trier jedoch die Originalität absprechen könnte. Der Grusel ist
eben ein ganz anderer. Und die Bilder – irgendwo zwischen
dokumentarischer Hyperrealität und sepiagefärbter Gegenwartsverklärung –
erreichen einen an einem anderen Punkt. Anders als bei „Twin Peaks“
steht nämlich eben nicht das Eindringen der Normalität in die
Geisterwelt zur Debatte, auch wenn es so scheint, sondern umgekehrt die
der Realität immer schon innewohnende Mystik. Die Geister, die
Frau Drusse sieht, sind gut – und selbst das dämonische Baby verliert
schon nach wenigen Szenen seinen Schrecken.

„Riget“ ist im selben Jahr wie „Emergency Room“ entstanden. Ich glaube,
beide Serien haben einiges voneinander gelernt. Der Unterschied zu
Krankenhaus-Serien der 80er Jahre ist jedenfalls auffällig. Das
Krankenhaus als organisches Konzept zu verstehen (ein Topos, den
„Riget“ sehr originell aus dem Haunted-House-Thema übernimmt) und die
Vorgänge darin
als  „Leben“ in doppelter Hinsicht zu begreifen, dürfte dem Sujet
einiges genommen (Sterilität, Wissenschaftshörigkeit) und vieles
hinzugefügt haben.

Ich warte sehr auf eine weitere Staffel – wie sie Udo Kier in der Doku auf DVD Nr. 4 angekündigt hat!

Eine Kritik zu „Riget“ von Thomas Ritter befindet sich im „frame 25“-Archiv von F.LM.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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