Angst vorm schwarzen Mann

Väter und Monster in Stephen Kays „Boogeyman“

Der Boogeyman (auch Bogey oder Bogie) ist ein Dämon aus der
englischen Folklore. Der Sage nach ist er der mächtigste Diener des
Teufels, stiehlt unartige kleine Kinder und kann seine Gestalt nach
Belieben verändern. In der deutschen Märchen- und Sagenwelt entspricht
der Boogeyman dem schwarzen Mann. Als Horrorfilmfigur ist er neben
einer adaptierten Kurzgeschichte Stephen Kings (1982) vor allem in der
durch Ulli Lommel 1980 begründeten „Boogeyman“-Trilogie in Erscheinung
getreten. Jetzt ist das Schreckgespenst abermals aus dem Wandschrank
und unter dem Bett hervor auf die Leinwand gekrochen.

[mehr: telepolis]

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
Dieser Beitrag wurde unter Filmkritik veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

6 Antworten zu Angst vorm schwarzen Mann

  1. EvaS sagt:

    Danke für einen sehr interessanten Artikel! Ich habe den Film noch nicht gesehen, aber wir erklärst du dir, dass es ansonsten so viele schlechte Kritiken bekommen hat? Brauchen die Zuschauer bzw. Rezensenten einen fundierteren (am besten wissenschaftlichen) Hintergrund, um manche Filme besser verstehen und entsprechend genießen zu können? Ich schreibe „manche“, denke aber „alle“, denn es ist eigentlich klar, dass jeder Film einem „vorbereiteten“ Zuschauer in der Regel doch mehr Vergnügen bereitet. Aber dann kommen wir dazu, dass es gar keine schlechten Filme gibt, es kommt immer wirklich nur auf den Blickwinkel an. Und was ist dann die Rolle der Filmkritik? Muss sie den Zuschauer so vorbereiten, dass er im Kino mehr Chancen hat, auf den Genuss eines jeden Filmes zu kommen? Oder soll sie sich vielmehr auf den gängigen Geschmack orientieren und zu ergründen versuchen, wie der Film wohl auf den „Durchschnittspublikum“ wirken mag, um es entsprechend davor zu warnen, in einen „schwergenießbaren“ Film reinzugehen?

  2. Stefan sagt:

    Ich gebe zu, dass meine „Kritiken“ nicht das sind, was sie vorgeben zu sein – sie erscheinen nur immer „zu früh“ und in der falschen Rubrik. Das will ich kurz erklären:

    Die Wertung eines Films interessiert mich viel weniger als seine kulturtheoretische Einordnung. Auch bin ich ja gerade in diesen Film (Boogeyman) mit einer Ladung „Vorurteile“ gegangen: Ich hab mich in die Materie eingelesen/-gesehen, hatte ohnehin ein Semester zuvor die Freud/Lacan/Kittler-Lektüre vom Sandmann usw.

    Ich meine aber auch, dass Filmkritik, die sich auf das „empfehlen“ und „abraten“ von Filmen richtet, ihre Leser „bevormundet“. sie kann ja nur aus subjektiven Begründungen bestehen. Selbst habe ich oft genug die Erfahrung gemacht, dass mir Filme, die verrissen wurden (sehr oft durch den „filmdienst“ – etwa „Verrückt nach Mary“ ), gut gefallen haben und umgekehrt. Um aus diesen Filmkritiken noch etwas für mich „herausholen“ zu können, musste ich schon in einen Metadiskurs eintreten: Wenn der „filmdienst“ einen Film verreist, kann das Grüde haben (bis vor kurzem noch: Transgression), die vielleicht gerade für mich Gründe für einen Lob wären. Aber welchen Sinn hat Kritik, wenn sie nur subjektiv abwatschen oder loben kann für den Leser? Ich kenne einige, die aus den Kritiken eine textästhetische Biografie des Kritikers konstruieren – aus der Kritik mithin eine Kunstform machen. Das ist legitim, interessiert mich aber (bis auf wenige Ausnahmen) nicht.

    Für jemanden, der oft Filme guckt, können Filmkritiken allenfalls ein Beitrag des Diskurses über einen bestimmten Film sein. Deshalb meine ich, sollte man Kritiken auch besser nach der Sichtung des Films lesen und nicht davor. Dieser Charakter wiegt umso schwerer, je fachspezifischer das Organ ist, das die Filmkritik veröffentlicht (m.a.W. dessen Leser selbst „Profis“ sind). Da könnte man also die Frage in den Raum stellen: Wozu denn überhaupt eine Wertung, wenn die Leser sich ihr Urteil ohnehin selber bilden (können)? Ich finde ich es konsequenter, ein paar „Schnittstellen“ zu theoretischen Diskursen freizulegen, die der Film anschneidet. Ziel meiner Texte ist es, eine Debatte über aktuelle Filme in Gang zu bringen, an deren Ende jeder gesehen Film eine Bereicherung darstellt – ganz gleich, ob er „gut“ oder „schlecht“ ist. (Zugegeben: Gerade dort, wo die „Boogeyman“-Kritik erschienen ist, halten die Leser – schaut man mal in die Kommentare – nicht viel von Intellektualität).

    Und ja: Das ist meines Erachtens auch eine Methode der Medienkompetenz-Entwicklung. (Es ist ja eine nicht unerhebliche Rationalisierungsleistung, einen extrem abstoßenden Film wie zum Beispiel „Ich spuck auf dein Grab“ bereits bei der Sichtung mit juristischen, moralphilosophischen und ästhetischen Diskursen zu dekonstruieren.)

  3. Stefan sagt:

    Ich muss noch nachschieben: Das, was ich da oben schreibe, ist natürlich Idealismus. Aufgrund der redaktionellen Anforderungen einiger Zeitschriften bin ich auch oft genug gezwungen „zu bewerten“. Aber ich bin dann subversiv genug, da nicht einen Allgemein-Geschmack zu antizipieren, sondern meinen persönlichen Geschmack zu vertexten. Wundere dich also nicht, wenn du mal auf einen empfehlenden/abratenden Text von mir stößt. (Es gibt auch Filme, wo ich in einem Text eine Empfehlung, im anderen einen Verriss geschrieben habe, einfach, um mal zu zeigen, wie beliebig so ein Vorgehen ist … etwa zu „Sonatine“ hier im Blog.)

  4. EvaS sagt:

    Ich komme in der letzten Zeit auch zur Einsicht, dass der beste Platz für die Filmkritiken bzw. Filmanalysen das eigene Blog ist. 🙂 Ich habe übrigens auch eins (aber leider zur Zeit nur auf Russisch). Gut, dass du es, trotz den von den Redaktionen vorgegebenen Rahmen, schaffst, interessante Texte zu veröffentlichen. Mir persönlich ist solche Filmkritik viel lieber, als die quasi „subjektive“ (aber in der Tat nur unreflektierte) Sicht, die in vielen Kinokolumnen präsentiert wird.
    Ich bin auch vollkommen einverstanden, dass jeder Film für den Zuschauer eine Bereicherung sein kann. Die Frage ist nur, ob auch jeder Zuschauer dazu bereit ist, sich auf diese Weise zu bereichern. 🙂 Wir – ich meine jetzt die Leute, die sich beruflich oder studienbedingt mit diversen Kulturphänomenen beschäftigen – sind oft von dem Stoff, der uns vorliegt, so sehr fasziniert, dass der „einfache Mann“, der auch seinen „normalen“ Kulturgenuß haben will, bei solch fundierten Besprechungen irgendwie gar nicht mehr berücksichtigt wird. Wie siehst du also die Tendenz: Wird die Filmkritik sich immer weiter spezialisieren, damit der „gehobenere“ und der „einfachere“ Geschmack sich ganz ungetrübt und unabhängig voneinander befriedigen können? Oder sollte man doch versuchen, zumindest ein Körnchen vom „Geheimwissen“ (über Lacan etc.) an die breitere Masse zu vermitteln? Dafür müsste man aber den „einfachen Mann“ als Leser akzeptieren und ihm verständliche Sprache sprechen, was natürlich gewisse Kompromisse erfordert…

  5. EvaS sagt:

    Ich wollte auch noch fragen, gibt es irgendwo ein Register mit allen deinen Filmkritiken? Oder kann man sich einfach auf die Suchfunktion im Blog verlassen? Hast du zum Beispiel schon etwas über Almodovar geschrieben? Ich konnte leider nichts finden, würde mich aber sehr interessieren.

  6. Stefan sagt:

    Nun ja, ich hoffe ja, dass ich nicht nur für die Schublade (das Blog) schreibe, sondern eben auch „infiziere“. Ich sehe diese Art der Texte aber auch nicht unbedingt als „für alle kompatibel“ an, sondern nur für diejenigen, die sich infizieren lassen wollen und mich vielleicht eigens dafür „aufsuchen“. (Und ich meine auch, dass ich bei den theoretischen Konzepten weit genug aushole, dass man das dann verstehen kann, auch ohne aus den KuWis zu kommen.)

    > Wie siehst du also die Tendenz: Wird die Filmkritik sich immer weiter spezialisieren, damit der “gehobenere” und der “einfachere” Geschmack sich ganz ungetrübt und unabhängig voneinander befriedigen können?

    Die Tendenz deutet darauf hin: Die Diskurse über Film spalten und entfernen sich immer mehr voneinander. Gerade die Unzahl an Gratisheftchen, die so in Kinos ausliegen, präsentieren eine Mischung von Werbung und (positiver) Kritik, die vielen zur Orientierun reicht. Das Cinemaheft am Kiosk mit den Hofberichterstattungen und Produktions-Backgrounds erledigt dann den Rest.

    Die Geschichte der Filmkritik ist m.W. so verlaufen, dass es zunächst sehr engagierte Texte gegeben hat (zumindest von denen, die in den frühen Jahren Kino und Film als Kulturgut an den Mann bringen wollten) und mit der zusehenden Entfaltung des Mediums Film die Begleittexte sich immer stärker in mehrere Spezialrichtungen (filmwissenschaftliche, cineastische Texte) und populärere Richtungen (wertende Kritiken, Werbetexte) entwickelt haben.

    > Dafür müsste man aber den “einfachen Mann” als Leser akzeptieren und ihm verständliche Sprache sprechen, was natürlich gewisse Kompromisse erfordert…

    Ich habe für mich einen Stil gefunden, der irgendwo zwischen anspruchsvollerem Essayismus und Akademismus liegt und „verkaufe“ das ganz gut. Daher werde ich dabei wohl auch erst einmal bei bleiben. Ich gebe zu, dass ich mich nicht an Leser wende, sondern hoffe, dass sich Leser an mich wenden (was selten passiert).

    Zu deiner Frage: Es gibt eine Bibliografie auf meiner Homepage und die Texte, die ich hier geschrieben habe und die Texte, die für F.LM geschrieben sind (bei http://www.f-lm.de einfach im Suchfeld mal „Höltgen“ eintippen). Schließlich noch die Sachen, die ich damals für „frame25“ geschrieben habe. (http://frame25.f-lm.de)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.