»He’s an extension of the monster!«

Astaron – Die Brut des Grauens (Contamination, Italien 1980, Luigi Cozzi)

Irgendwo in Italien, 1979: Der äußerst begeisterungsfähige Regisseur
Luigi Cozzi, der immer schon gern amerikanische Filme geguckt hat und
sich auch sonst gern amerikanisch gibt („Lewis Coates“), kommt aus dem
Kino und ist mal wieder angefüllt mit Ideen, denn er hat gerade Ridley
Scotts „Alien“ gesehen. „So etwas will ich auch machen“, muss er sich
gedacht haben. Aber er hatte nicht genug Geld. Also nahm er sich flugs
ein, zwei Ideen aus Scotts Science-Fiction-Horror, radikalisierte sie
optisch ein wenig und – schwupps – war sein neuer Knüller
„Contamination“ fertig.

„Contamination“
(vom deutschen Verleih unter dem Titel „Astaron“ auf den Markt
gebracht), erzählt die folgende Geschichte: Auf einem Kaffee-Frachter
im New Yorker Hafen werden ein paar übel zugerichete Leichen gefunden.
Allensamt ist der Bauch aufgeplatzt, „so als wäre er von innen her
gesprengt worden“. Unter Deck finden sich – neben weiteren Leichen –
ein paar grüne fußballgroße „Eier“. Als eines von diesen Eiern, weil es
zu nah am Heizungsrohr gelegen hat, platz, verspritzt es eine
Flüssigkeit. Zwei der drei anwesenden Hafenpolizisten werden mit der
Flüssigkeit benetzt und platzen stante pede.

In einer Lagerhalle am Hafen werden weitere dieser Eier gefunden. Mit
ihrer Hilfe sollte die New Yorker Bevölkerung zum Platzen gebracht
werden (Terrorismus!). Das ruft Wissenschaftler und FBI auf den Plan.
Nach kurzem Grübeln fällt der Militär-Wissenschaftlerin Stella Holmes
ein: „Von der letzten Mars-Expedition hat doch einer der
zurückgekehrten Astronauten etwas von Eiern erzählt.“ Die Verbindung
zwischen Außerirdischen und Terroreiern ist also hergestellt. Der
Astronaut Ian Hubbart wird aufgesucht und zusammen mit Holmes und dem
Polizisten Tony Aris zu einer Expedition nach Südamerika (von wo der
Kaffeefrachter stammt) geschickt.

Dort angekommen entdeckt man, dass eine Kaffeeplantage und -rösterei
als Brutstätte für die Eier dient, die in die ganze Welt verschifft
werden sollen. Hinter dem grausen Plan steckt der andere, bislang
totgeglaubte Mars-Astronaut, der auf dem roten Planeten von einem
zyklopischen Alien (das übrigens auch die Eier legt) hypnotisiert
wurde. Dieses Alien wohnt auch auf der Plantage. Das Militär räumt auf,
bringt alle um, verbrennt alle Eier und die Wissenschaftlerin blickt
abschließend zum Himmel: „We are not alone.“

Das parasitäre Entwicklungsstadium der Giger/Scott/O’Bannon-Aliens muss
es Cozzi ungemein angetan haben. So reduziert er seinen Film auf eben
jenes Faszinosum: Aliens, die den Menschen zum Platzen bringen, indem
sie ihn mit einem grünen Schleim bespritzen (der nebenbei bemerkt auch
noch ätzend ist). In den Eiern befinden sich allerdings keine teure
Spezialeffekte verursachenden „Facehugger“, sondern tödliche Bakterien.
Ob dies Samen oder nur Verteidigungswaffen des ohnehin etwas
unmotivierten Zyklopen-Aliens sind, bleibt unklar.

Klar hingegen ist der Seuchen-Topos, der hier (Stichwort: biologische
Kriegsführung) an den Terrorismus geknüpft wird. Läge das Ursprungsland
des Terrors nicht in Südamerika und wäre „Contamination“ nicht so
hoffnungslos naiv in Story, Inszenierung und Darstellung, könnte man
ihn fast beunruhigend (vielleicht sogar: beunruhigend metaphorisch)
finden.

Als Beispielfilm für meine Überlegung zum Parasiten-Motiv scheidet er
allerdings aus, schlicht aus dem Grund, dass es im ganzen Film keine
Parasiten gibt. Ich hatte „Contamination“ wohl zuletzt einmal vor 15
Jahren gesehen und mich nur noch an platzende Körper erinnert. In der
Erinnerung muss sich das – und hier wäre zu sagen: Cozzi hat’s
geschafft! – allerdings mit den Motiven aus Alien vermengt haben.
Einzig im Schlussmonolog von Stella Holmes wird dann noch unfreiwillig
etwas nützliches gesagt: Der Mars-Astronaut Hamilton sei gar kein
Mensch mehr gewesen, sondern „an extension of the monster“. Diese
Aussage klingt unfreiwillig ein bisschen wie McLuhan und passt ganz gut
zu einem Gedanken, der mir heute Nachmittag über
Parasiten-Science-Fiction (a la „Shivers“) gekommen ist: Durch die
technologische Ausweitung des Menschlichen Körpers und Medien/Maschinen
als Organ-Ersatz zeichnen die Science Fiction den Parasiten als
„körperloses Organ“, das sich vom ursprünglichen Träger wie ein
Atavismus abtrennt und sich (feindlich) gegen ihn richtet.

Was das mit „Contamination“ zu tun hat? Keine Ahnung … 😀

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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