»turn humans into veritable screwing machines«

The Curious Dr. Humpp (La venganza del sexo, Argentinien 1969, Emilio Vieyra) (DVD)

Silverfoot

Die Sexuelle Revolution frisst ihre Kinder: Ob es zwei Lesbierinnen sind, eine Gruppe Haschisch-berauschter Hippies bei einer Orgie oder eine Nacktbar-Tänzerin – sie alle werden Entführungsopfer des „mad scientist“ Dr. Humpp. Dieser hat es speziell auf ihre Libido abgesehen, denn Dr. Humpp leidet an einer Krankheit, die seinen Körper nach und nach in den eines Monsters verwandelt, behandelt er sich nicht regelmäßig selbst mit jenem Serum, dass Menschen beim Geschlechtsakt produzieren. Also zwingt Humpp die Entführten in seiner geheimen Festung wann immer und mit wem immer zu kopulieren. Doch Hummp ist nicht einmal der Hintermann dieser finsteren Machenschaften, sondern das Gehirn eines noch verrückteren Wissenschaftlers, das von Humpp künstlich am Leben erhalten wird und mit diesem er mittels einer Vorrichtung sprechen kann. Dieses Gehirn plant die Unterwerfung der Menschheit, indem es sich die Macht über die Sexualtriebe verschafft, kleidet sein Projekt jedoch mit hehren wissenschaftlichen Absichten („seeking a way by sex to improve our species“).

Roboter-Armee

Damit Humpp dem Hirn zu Willen sein kann, braucht er Gehilfen: eine Krankenschwester, die die Experimente durchzuführen hilft und die Paarungen der Gefangenen organisiert, und eine kleine Armee von Robotern – eigentlich umfunktionierte Menschen, allerdings: „They‘re just like robots. The doctor has been operating on their brain.“ Diese Roboter entführen die Sextreibenden und werden von Humpp gelegentlich zur Apotheke geschickt, um Zutaten für ein Aphrodisiakum zu besorgen – denn allein der Wille zum Sex reicht bei den Entführten offenbar nicht aus, um die Kopulation in Gang zu bringen. In die Fänge Dr. Humpps gerät nun auch der Journalist George, der der im Dunkeln tappenden Polizei helfen will. George wird allerdings ebenfalls versklavt und so manipuliert, dass er der entführten Nymphomanin Rachel verfällt. Dennoch gelingt es ihm, Humpps Krankenschwester auf seine Seite zu bringen und so den verrückten Wissenschaftlern schließlich das Handwerk zu legen.

Robot in Love

„The Curious Dr. Humpp“ führt die seltsamsten Roboter seit „Robot Monster“ vor: Eigentlich sind es Statisten mit Quasimodo-Masken, die alle dieselben Pullover und Metall-Schuhe tragen. Dass es sich bei ihnen jedoch durchaus um Maschinen handelt, wird klar, als Humpp einem von ihnen mit dem Lötkolben im Kopf herum stochert und ein anderer nach Aktivierung eine blinkende Leuchtdiode auf seiner Stirn zeigt. Und dennoch haben sich diese Maschinen einen Rest an Menschlichkeit bewahrt: Ein Roboter verliebt sich in Rachel, betört sie mit Gitarrenspiel, schenkt ihr gar eine Blume und rettet sie aus brenzligen Situationen, um am Ende des Films schließlich sein Leben für sie zu lassen.

Beischlafmonitoring: Curiosity kills Dr. Humpp

Die Verbindung zwischen Sex und Maschine führt der Film gleich zweifach vor: zum Einen natürlich durch die Roboter, die für Humpp Sexsklaven entführen; zum Anderen durch jene Entführten, deren Sexulität mit und ohne Dr. Humpps Zutun bereits als derartig triebhaft geschildert wird, dass sie sich selbst schon wie Sexmaschinen benehmen. Das Projekt des im Tank schwimmenden Gehirns („Due electronic control of the libido we should produce females capable of promiscues and orgiastic encounters of infinite variety“) scheint 1967 also sozusagen offene Schlafzimmertüren einzurennen. Die sexuelle Revolution, aus deren Schatten „The Curious Dr. Hummp“ hervor kriecht, bestimmt als Angst-Dispositiv das Thema des Films und „infiltriert“ diesen sogar auf seiner Oberfläche: Für die US-amerikansiche Auswertung des bereits 1967 fertig gestellten Films, fügte Jerald Intrator weitere siebeneinhalb Minuten Nackt- und Sex-Szenen hinzu.

Robot-Monster

Vieyras Film ist trotz dieses Eingriffs und seiner kruden Geschichte anspruchsvoll inszeniert. Insbesondere die Bildgestaltung mit den scharfen Schwarz-Weiß-Kontrasten und ungewöhnlichen Kameraperspektiven sowie der Orgel- und Synthesizer-Soundtrack bestechen durch Artifizialität. Dass man sich so wenig Mühe mit der Roboter-Ausstattung gegeben hat, erscheint daher umso enttäuschender als ein Stilbruch. Andererseits sorgt gerade deren Maskenhaftigkeit für jenen ironischen Bruch mit dem Horrorfilm-Genre, der für „The Curious Dr. Humpp“ gelegentlich konstatiert wird.

Science, Sex, Film & Art

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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