»Ich bin eine Frau, die in einer Männerwelt lebt.«

Die Androiden (Annihilator, USA 1986, Michael Chapman) (VHS)

Kill Mode

Eine kleine TV-Produktion aus den USA mit einer ordentlichen B-Film-Darstellerriege (neben der „Night of the Comet„-Actrice Catherine Mary Stuart die kürzlich verstorbene Lisa Blount in einer Nebenrolle), die es hierzulande sogar auf VHS geschafft hat (das Cover kann sich sehen lassen – siehe Link oben). Neben einigen gruseligen Verwandlungen lieber, hübscher, junger frauen, in böse, hübsche Roboter-Frauen und einigen allzu offensichtlichen „Terminator“-Anleihen sind es aber vor allem die formalstilistische und die narrative Offenheit, die „Die Androiden“ zu einem markanten Beitrag des Roboterfilms machen.

Welt-Sicht der Androiden

Da wäre zunächst der Hang des Films zur Verwendung von Clip-Ästhetiken. Nicht nur platziert er im (Tangerine-Dream-like) Soundtrack hin und wieder zeitgenössische Popmusik-Klassiker von Nik Kershaw bis David Bowie. Letzeres „Ashes to Ashes“ widmet er sogar einen kleinen Videoclip, in dem er noch einmal die wichtigsten Szenen des Films rhythmisiert aneinander montiert:

In einigen Sequenzen wirken die Schnitte nach der Vorlage solcher Videoclips regelrecht avantgardistisch. Da wird machmal sogar vorsätzlich die Achsenregel verletzt, damit die Paranoia und das paranoide Capgras-Syndrom des männlichen Protagonisten auf den Zuschauer übertragen wird: Werde ich verfolgt oder bin ich es vielleicht sogar selbst, der hinter mir her ist?

Damit korrespondiert der Plot: Die Freundin des Protagonisten fährt mit ihrer Arbeitskollegin allein in einen Hawaii-Urlaub. Als sie zurück kommen, sind beide „wie ausgewechselt“. Vorher sensibel und „weiblich“, jetzt emotional distanziert und eher auf den eigenen Vorteil bedacht. Zuvor fraglos übernommene moralische Positionen des Freundes werden jetzt mit einem Lächeln negiert. So schreibt die junge Journalistin nach ihrer Rückkehr etwa einen Leitartikel für die Zeitung, in dem sie sich für Tierversuche ausspricht. Das „Das darfst du nicht!“ Ihres Freundes ignoriert sie geflissentlich. Als er sie fragt, was mit ihr los sei, antwortet sie: „Ich bin eine Frau, die in einer Männerwelt lebt.“

Ihr Körper: Die Waffe der Frau

Die Story von „Die Androiden“ ist damit eigentlich schon als Parabel markiert. Es geht um weibliche Emanzipation. Die Frauen, einmal auf sich selbst gestellt, entdecken, dass sie auch sehr gut ohne die Männer vorankommen können. Die scheinbare emotionale Unterkühltheit könnte so gesehen auch eine Normalisierung bedeuten – ein Ausbruch aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit. Dass der Film das Rätsel der Herkunft dieser Androiden und ihren Zweck nicht (er)klärt, unterstreicht eine solche Agenda noch zusätzlich. Über seinen Genderdiskurs entwirft „Die Androiden“ damit quasi das Gegenbild zu „Die Frauen von Stepford“: In dieser Variante sind die Autonomie (und nicht mehr die Unterwerfung) Ziel und Zweck der Maschine, wie ein Esoterik-Professor (und selbst Android) gegen Ende des Films erklärt.

Android Teen

Die Darstellung der Androiden als aggressiv, selbstbewusst und (für den Mann) gefährlich wird geschickt an Roboterfilm-Klischees der 1970er- und 1980er-Jahre gekoppelt. Aus besagtem „Terminator“ wird die taxierende und justierende Ego-Perspektive übernommen. Das technische Sosein der Androidinnen offenbart sich nicht nur bei Verletzungen (in einer Schlüsselszene wir der Held von der Freundin der Freundin mit deren herausgerissenem rechten Arm verdroschen!), sondern vor allem an den Augen, die im Aggressionsmodus rot zu leuchten beginnen. Sie akzentuieren so auch den Blick der Frau zurück auf den Mann – eine Antwort auf seinen unterwerfenden Blick zuvor.

Target: Robert Arnor

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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