Bel Ami 2000 (Österreich/Italien 1966, Michael Pfleghar) (DVD)
Dass ich diesen unglaublichen Film zu Gesicht bekommen habe, geht zurück auf eine Empfehlung, die ich von Ralf Bülow am Rande seines Kolloquiumsvortrags bekommen hatte: Es ging um Material über computerisierte Dating-Verfahren (ich arbeite gerade an einem technik- und kulturhistorischen Vortrag zum Thema, den ich im Frühjahr 2011 auf demselben Kolloquium halten werde). Bülow erinnerte sich an die Ausgangssituation des Films, bei der ein Mann von einen Computer – es ist laut Beschriftung ein „UNIVAC„-Computer – zum „Bel Ami“ gewählt wird – einer Art Super-Playboy, der in der gleichnamigen Zeitschrift („Bel Ami“) dann als absoluter Frauenschwarm lanciert wird, was natürlich zur Folge hat, dass er es qua Definition dann auch ist.
Die Dramaturgie des 60er-Jahre-Sexfilms (und man täusche sich nicht: Hier gibt es wirklich einiges bzw. fast alles zu sehen!) verlangt natürlich, dass dieser Playboy gar nicht weiß, wie er zu seinem Glück kommt, um dann umso spaßiger entjungfert werden zu können. Dazu verhilft ein Computerfehler, der just in dem Moment auftritt, als der wissenschaftliche Ziehungsbeauftragte einer vorüber eilenden Sekretärin auf ihren Hintern schaut, anstatt auf seine Eingabekonsole. Dies führt dazu, dass versehentlich Peter Knolle (gespielt von Peter Alexander) zum Bel Ami ernannt wird. Nachdem man (d. h. die Presse und die ersten Groupies) ihn aufgespürt hat, beginnt sein Leben als Lebemann. Den sexuellen Zudringlichkeiten versucht er sich zunächst (noch mit Erfolg) zu entziehen, lernt von seinem Image-Berater „Boy“ jedoch die Moral über Bord zu werfen und endlich in den Spät-60er-Jahren anzukommen, wo man ständig von „Sex“ angefangen rückwärts zu zählen hat, bis es „Go!“ heißt und man so weit ist, allein mit einem Blumenstrauß bekleidet durch Rom zu flitzen.
Der Computer spielt in „Bel Ami 2000“ zwar eine Neben-, dafür aber durchaus eine Schlüsselrolle. Offenbar sind auf den Karteikarten sämtliche biologischen und psychologischen Daten zumindest der männlichen Gesellschaft gespeichert, so dass es mithilfe des richtigen Programms leicht ist, die Datenbank nach entsprechenden Kandidaten zu filtern und so den bis dahin stets unerkannt gebliebenen Knolle aus der Menge heraus zu filtern. Schaut man sich die lüsternen alten Männer im Prolog des Films an, die sich augenscheinlich mehr für die technischen Prozesse des UNIVAC interessieren als für das, was sie da eigentlich „prozessieren“ lassen, und sieht dann ihren „erotischen Umschlag“, als besagte Sekretärin in einem perforierten Kleid die Bühne betritt, so kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Computer bereits hier schon einiges zur moralischen Gesinnungswandlung beigetragen haben könnte.
Und zwar allein dadurch, dass der die Menschen auf ein Parameter-Set reduziert, aus dem sich dann beliebige Images konstruieren lassen. In just dem Moment, wo der subjektivste aller Parameter in den Rechner eingespeist werden soll – „besondere Merkmale: internationales Flair und extrem erotische Wirkung auf das andere Geschlecht“ – geschieht der Unfall. Die Wirklichkeit – das kennt jeder Programmierer – lässt sich eben nur ausschnittsweise und idealisiert kodifizieren. Den Rest muss der User bei der Interpretation der Ergebnisse hinzufügen. Das, was die Computerstimme in diesem Moment sagt, könnte auch auf die leicht bekleidete Frau zutreffen. Der abgelenkte Operator ist sozusagen Opfer der Vermittlungsmaschine geworden, die als das dritte Geschlecht eben keinen Unterschied zwischen Männlein und Weiblein macht.
Der Rest ist Trashfilm-Geschichte.