Rennende Zombies?

The Crazies (USA 1973, George A. Romero) (DVD)

Im Vorfeld zur Pressevorführung des „The Crazies“-Remake (Podcast bei F.LM folgt in Kürze) habe ich mir zusammen mit Jochen noch einmal das Original angesehen. Wir waren dabei etwas unaufmerksam, aber vielleicht hat gerade das bestimmte „Rezeptoren“ für den Film geöffnet, die ansonsten taub geblieben wären: Es schien nämlich mir gerade so, als sei „The Crazies“ ein unglaublich unruhiger Film, dessen von Beginn an stakkatohafter Rhythmus sich sofort als Stress auf den Zuschauer überträgt und die Wahnsinns-Seuche damit förmlich körperlich nachvollziehbar macht. Zumindest schafft „The Crazies“ aber eine Atmosphäre großer Angespanntheit.

Vergleicht man ihn mit Romeros erstem und zweitem Zombiefilm – zwischen dem „The Crazies“ zeitlich exakt in der Mitte liegt -, so ergeben sich einige interessante Strukturähnlichkeiten, aber auch markante Unterschiede, aus denen sich vielleicht ablesen ließe, warum „Dawn of the Dead“ so geworden ist, wie er letztlich wurde – und insbesondere, warum es einen (schnell rhytmisierten) Euro- und einen („langsameren“) US-Cut des Films gegeben haben könnte. „The Crazies“, so die These, ist eigentlich ein Zombiefilm, der eine besondere Facette am Konzept von „Night of the Living Dead“ modifiziert, und zwar die Geschwindigkeit. Die „Crazies“ tun alles, was die Zombies aus „Night“ auch tun, sie tun es nur schneller. Ansonsten sind sie – wie die Untoten – eigentlich nicht von den Nicht-Infizierten/Lebenden zu unterscheiden, was ein zusätzliches Gruselmoment des Films ist.

Rennende Zombie – das scheint zumindest Anfang der 1970er Jahre noch möglich zu sein, weil Romeros Film die Genre-Regeln noch nicht allzu fest statuiert hat; das geschieht erst ab „Dawn of the Dead“, in dessen Folge zahlreiche andere Zombiefilme (insbesondere die italienischen) das Untoten-Konzept übernehmen. Und zu diesem gehört eben, dass die Zombie-Bedrohung eine zwar langsame aber unaufhaltsam vorwärts rollende Welle des Grauens zu sein hat. Der Kontrast von schnell flüchtenden Lebenden zu den ihnen langsam folgenden Toten macht das Alptraumhafte des Zombiefilms auch. Rennende oder gar zusätzlich noch schießende Zombies wirken wie ein Regelverstoß.

Das könnte Romero schon bei seinem „The Crazies“ anizipiert haben. In „Dawn of the Dead“ bremst er die Bedrohung daher lieber wieder aus und übernimmt anstelle dessen lediglich einige Aspekte aus „The Crazies“, die das Alptaumhafte unterstreichen. Das sind vor allem Motive, die dem Horrorfilm der 1970er gemäß erscheinen und vergleicht man „Dawn of the Dead“ mit zeitgenössischen Produktionen wie Wes Cravens „Last House on the Left“ oder „Blood Sucking Freaks“, wirkt Romeros zweiter Zombie-Film regelrecht konservativ, was den rhythmische Aufbau angeht – damit kongruiert er dann aber auch perfekt mit der darin verhandelten platten Sozialkritik, die Romero ja leider bis heute nicht abgelegt hat. (Dahingehend muss man Zack Snyder und seinem „Dawn“-Remake genauso wie dem „Crazies“-Remake regelrecht dankbar sein, dass sie sich dieses salonsozialistischen Ballasts entledigt haben.)

Eine kleine Schlussnotiz noch: Ich war doch recht überrascht, dass mir einer der Schauspieler aus „The Crazies“ irgendwie bekannt vorkam – und zwar allein aufgrund seiner Augenlid-Mimik – mir fiel dann gleich ein, dass ich ihn aus „Day of the Dead“ kenne – ein junger Richard Liberty, den ich aufgrund anderer Merkmale sicherlich nicht wiedererkannt hätte. Schön, wie einprägsam und charakteristisch Details sein können.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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