Retire in Style

Gran Torino (USA 2008, Clint Eastwood) (Kino am Hackeschen Markt)

Nach dem Fiasko, das die letzten von mir gesehenen Regie-Arbeiten Eastwoods für mich bedeutet haben, war ich überaus skeptisch und hätte mir „Gran Torino“ am liebsten auch gar nicht angesehen. Da ich aber langsam mal anfangen sollte, einige cineastische Vorurteile abzubauen, habe ich mich also überreden lassen und bin froh über die Entscheidung (obwohl ich den „neuen“ Tarsem noch liebe gesehen hätte).

Eastwood überträgt die Struktur des klassischen Westerns auf die sozialen Verhältnisse in einer sich ethnisch stark segregierenden Vorortsiedlung einer Stadt irgendwo im „mittleren Westens“. Der alternde Eastwood spielt einen Witwer und Korea-Veteran, der sich plötzlich als Minderheit in einer von Laoten besiedelten Gegend wiederfindet. Nach anfäglichem „fremdeln“ schließt er Freundschaft mit den neuen Nachbarn, die ihn ob seiner handwerklichen Fähigkeiten und Vorbildfunktion für den desorientierten Sohnemann auch gleich zu schätzen wissen. Nur eine Gangster-Bande, die den Jungen mit in den Untergrund ziehen will, mach Probleme. Probleme, denen sich Eastwood annimmt.

Mit welchem Feingefühl Eastwood hier einerseits das Westerngenre (und auch den Bandenkriegs-Actionfilm der 70er/80er-Jahre) und andererseits sich selbst als Helden-Stereotyp reflektiert, ist bewundernswert. Die konservativen und rassistischen Ausfälle seiner Figur werden beständig ins Lächerliche gezogen und als totale Anachronismen und Angstreaktionen entlarvt. Auf der anderen Seite ist vom Heldenimage, das bei dem mittlerweile 79-jähirgen Eastwood schon etwas Patina angesetzt hat, auch nicht mehr viel zu halten in einer Welt, die eben nicht wie ein Western funktioniert. Dass Eastwood diese Figur in „Gran Torino“ im wahrsten Sinn des Wortes zu Grabe trägt, nachdem er ihr noch einmal eine Hommage an ihre eigene Entwicklungsgeschichte widment, ist nicht anders als als großartig zu bezeichnen. Wenn es denn tatsächlich (wie angekündigt) der letzte Film Eastwoods als Darsteller ist, dann ist es ein perfekter Abschlussfilm unter seiner Filmografie.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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