»He fucked himself to death?«

Mummy Dearest (USA 1990, Duck Dumont) (VHS)

Endspurt. Die Mumie ist nicht nur das letzte Filmmonster, das ich für meinen Vortrag betrachte, sondern – zusammen mit dem Werwolf – auch das seltenste im Porno-Genre. Nachgewiesen sind „Mummys“ im laut imdb in nur fünf Titeln, wovon drei zur „Mummy Dearest“-Trilogie gehören und zwei Titel sind, über die ich sonst nichts herausfinden konnte: „Raiders of the lost Arse“ und „Mummy, Daddy and Jenny“ (letzerer referenziert wahrscheinlich die Zweitbedeutung von „Mummy“). Die „Mummy Dearest“-Filme (der Titel ist eine Anspielung auf das homophone Joan-Crawford-Biopic) zeigen die schon etwas gealterte Porno-Queen Nina Hartley (die allerdings noch bis heute in der Branche tätig ist) in der Rolle der Mumie „Aksha“.

Diese befindet sich im Besitz des Archäologen Dr. Steve Benning. Benning wird zu Beginn des Films in seiner Studierstube von seiner Verlobten besucht, die ihn zum gemeinsamen Dinner mit seinen künftigen Schwiegereltern abholen will. Sie versteht einen kleinen Vortrag über die einstmalige sexuelle Macht von Akasha falsch und fellationiert ihren Freund vor der Mumie, stets darauf bedacht, dass ihr Haar und ihr Outfit nicht darunter leiden. So kommt es dann auch, dass sie im entscheidenden Moment ausweicht und Benning auf die Mumie ejakuliert. Welche Folgen das hat, hat der Horror-Porno bereits zur Genüge vorgeführt: Der Samen des Mannes erweckt Tote (Frauen) zum Leben – so auch Akasha.

Die schnappt sich zuerst einen schwarzen Hausmeister, den sie als „Nubier“ erkennt und der sie sofort als seine Königin ansieht. Den Sex mit ihr überlebt er allerdings nicht, wie Benning kurz darauf von einem Detective erfährt. In seinem Arbeitszimmer liegt der großteils entkleidete Mann und die Mumie ist verschwunden. Als der Gerichtsmediziner telefonisch die Todesursache durchgibt („I don’t quiet understand yet but it appeares that every last drop of semen has been somehow extacted from his body. Down to the last sperm.“) kommt Benning sofort der Verdacht: Die Mumie muss die Mörderin sein, Ihr 4000 Jahre währender Triebverzicht muss es dem Hausmeister endgültig besorgt haben.

Indes sich Bennings Verlobte mit einer zu spät gekommenen Putzfrau verlustiert, die danach auch noch zwei Polizei-Detectives, die die Verlobte vernehmen wollen, vernascht, schläft der Archäologe in seinem Arbeitszimmer ein. Er träumt – wie jede Nacht – davon, dass er durch die Wüste irrt. Da hört er eine Stimme seinen Namen rufen und erwacht: Neben ihm steht Akasha. Die hat kurz zuvor einen Fluch ausgestoßen, urch den Benning wie sie unsterblich wird. Sie klärt ihn kurz über die Situation auf und beide begeben sich zu Bennings Auto. Dort führt er sie in die Analogie zwischen Sex im Auto und U-Boot-Fahren ein („Well, a submarine is something that is long, hard and full of seamen.“) und hat Sex mit ihr. (Seltsamerweise bricht ein zweites Paar in die Garage ein und verkehrt dort ebenfalls geschlechtlich, ohne dass die Vier einander bemerken.) Als das vorüber ist, fordert ihn Aksha auf, mit ihm nach Kairo zu fahren, denn dort befinden sich noch ein paar alte Freunde, die sie ausgraben möchte. Die Schlusstitel klären uns darüber auf, dass Benning und Aksha glücklich geworden sind, seine Verlobte in Kürze wahrscheinlich einen Anwalt heiratet, die beiden Detectives strafversetzt wurden und der Hausmeister immer noch tot ist. Ende.

„Mummy Dearest“ verfügt nur über das Notwendigste an Plot, um seinem Thema, vor allem aber seinem Genre gerecht zu werden. Die Gonzoisierung des Pornofilms ist 1990 nur noch einen Schritt weit entfernt und schon bald werden gar keine Narrationen zwischen den Nummern mehr benötigt. Auch das Mumien-Makeup (das im Sexkurzfilm „Lust in the Mummy’s Tomb“ sehr konsequent durchgehalten wurde), weicht schon nach der Einführungsszene einem beliebigen Spät-80er-Jahre-Outfit (siehe oben), so dass das Mumien-Thema nur noch im sprachlichen Miteinander Thema ist. Wirklicher Horror ist „Mummy Dearest“ nicht – nicht einmal Spoof.

Interessant wird der Film auf der Meta-Ebene. Untote im Pornofilm sind zumeist weibliche Figuren (GrubGirl, Re-Penetrator) und sie werden zumeist durch Sperma revitalisiert. Die Mumie zeichnet nun aus, dass sie ja eigentlich nur noch die (im Wortsinne) sterbliche Hülle eines Menschen ist – Organe wurden entfernt und durch Unverrottbares ersetzt. Dass nun ausgerechnet Nina Hartley, die bereit 1990 über Silikonimplantate in den Brüsten verfügte (die zudem aufgrund der damals noch schlechten Qualität deutlich anhand der „Physik der Brust“ erkennbar sind), als Mumien-Darstellerin gecastet wurde, hat schon fast einen ironischen Beigeschmack.

Aber gut. Als Notizen dieses etwas flachen Films (die Sequels habe ich mir, obgleich ich sie besitze, noch nicht angesehen) bleiben auf jeden Fall der Lustaufschub, der im monströsen (tödlichen) Sex endet und der Fluch der Mumie, ewig mit ihr auf der Erde zu wandeln, der im Pornofilm natürlich bedeutet: „We have an eternety to fuck.“

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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