Rückkehr und Abschied

Saraband (Swe 2003, Ingmar Bergman) (DVD)

Das ist er also, Ingmar Bergmans letzter Film – den er bereits als seinen letzten Film geplant hatte. Johan und Marinanne treffen sich nach 32 Jahren wieder und erleben erneute Szenen einer Ehe. Bergman dreht den Film exakt 30 Jahre nach seinem Vorgänger und kann sogar noch auf seine beiden Hauptdarsteller Liv Ullmann und Erland Josphson zurückgreifen. Im Zentrum stehen allerdings nicht mehr die längst überwundenen Konflikte der beiden, sondern das Drama um Johans Sohn Henrik und seine Tochter Karin, die im Begriff ist, sich von ihrem Vater zu lösen und ihr eigenes Leben zu leben. Anna, Henriks Frau, ist zwei Jahre zuvor gestorben und hat eine tiefe Wunde in der Familie hinterlassen, die sich bis zu Johan zieht, der eigentlich nur sporadisch Kontakt mit seinem Sohn hat.

Die Tragik der Erzählung wirkt hier schon bedeutend kraftloser als in den Bergmann’schen Filmjahrzehnten zuvor. Die einstmals existenzialistischen Probleme sind nun „nur noch“ existenziell. Fast möchte man den Figuren einen Besuch bei einem Verhaltenstherapeuten empfehlen, so profan erscheinen manche Konflikte, so sehr durch Sprachspiele und Missverständnisse bedingt. Auch auf der visuellen Ebene hat Bergman in seinem letzten Film nicht mehr viel zu zeigen. Sicherlich: Da gibt es diese unendlich langsamen Kamerafahrten, die sanfte Verschiebung des Fokus beim nächtlichen Gespärch zwischen Henrik und Karin im Bett. Aber eben auch viel Profanes, etwa eine Kaskade ineinander über geblendeter Bilder von der Natur, ganz am Anfang des Films. Schließlich ist sogar die Selbstreflexivität, wie man sie aus dem Pro- und Epilog von „Die Stunde des Wolfs“, aus den Einschüben in „Passion“ oder dem Beginn von „Persona“ kennt, nur noch als schwacher Abglanz in „Saraband“ zu erkennen: Anna erzählt den Film mit festem Blick in die Kamera anhand eines Haufens vor ihr auf dem Tisch liegender Fotografien.

Es ist kein schönes Gefühl, das Ende einer Karriere und die Schwäche eines einstmals starken Erzählers so deutlich in Bilder gegossen zu sehen.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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