Filmfest München – Tag 8

Nur einen Film habe ich am Abschlusstag des Filmfestes gesehen – Unwohlsein, Zeitknappheit und eine gewisse Müdigkeit haben dazu geführt, dass ich Achterbuschs „Heilt Hitler!“ versäumt habe.

Mechanical Love (Dk 2007, Phie Ambo)

Ein Dokumentarfilm über das Vordringen der Robotik in den sozialen Alltag. Der Film beschreibt die Notwendigkeit, mit der der Roboter als vormalige Industriemaschine nun in das Privatleben der Menschen Einzug hält und die soziale Isolation (etwa alter Menschen) beende soll. Zwei Erzählstränge verbindet er: Der Robbenbaby-Roboter „Paro“ wird in einem deutschen Altersheim einer alleinstehenden alten Dame ein ständiger Begleiter. Sie kümmert sich um ihn, kommuniziert mit ihm und kapselt sich auf diese Weise langsam von ihren Mitbewohnern im Heim ab, die sie mehr und mehr verwunderlich finden. Ihr ist das egal. Der zweite Erzählstrang berichtet von dem japanischen Roboter-Entwickler Hiroshi Ishiguro, der eine mechanische Kopie seiner selbst herstellt, die möglichst detailgetreu aussehen und funktionieren soll. Als Höhepunkt wird die Konfrontation des Automaten mit seiner Familie angestrebt. Seine kleine Tochter reagiert verstört auf den Kunst-Papa und wagt nicht einmal ihn zu berühren. Dennoch betrachtet der Entwickler das Experiment als geglückt, denn es zeigt ihm auch, dass Roboter die Menschen nicht ersetzen werden können. Der Film verfährt gerade auf der optischen Ebene sehr interessant, wenn er in zumeist großen und nahen Einstellungen von Menschen und Maschinen zusehends Unklarheit darüber stiftet, was von beiden man denn nun sieht. In der Annäherung ans Detail verlieren sich die Distinktionen zwischen Mensch und Roboter immer mehr und es kommt zu etlichen pointierten Verwechslungen. Der der gesamten Dokumentation unterlegte bedrohliche Soundtrack sorgt dafür, dass selbst in Momenten größter Melodramatik (etwa wenn die alte Frau ihre Zuneigung zu dem kleinen Robben-Roboter mit den Worten „So lieb wie dich habe ich noch niemanden gehabt“ beschreibt) das „uncanny valley“ nicht verlassen wird.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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