Revision/ismus

Der Zufall möglicherweise (Przypadek, Pl 1987, Krzysztof Kieslowski) (DVD)

Deutlich beeinflusst vom dokumentarischen Arbeiten zeigt sich dieser frühe Spielfilm Kieslowskis: Verzicht auf optische Spielereien, minimaler Einsatz von Filmmusik, Handkamera und vor allem Darsteller, die wie aus dem Leben gegriffen wirken. „Der Zufall möglicherweise“ denkt drei Mal über die Entwicklung seiner Hauptfigur, eines Medizinstudenten, der ein Urlaubssemester einlegt um nach Warschau zu reisen, nach. In der ersten Variante bekommt er den Zug, wird in Warschau ein Parteifunktionär, der sich gegen die gerade aufkeimende Protestbewegung von illegalen Gewerkschaften und Kirchen stellt und eine Rebellion in einem Krankenhaus niederschlagen hilft. Im zweiten Teil fährt der Zug ohne ihn ab und wegen einer Handgreiflichkeit mit einem Bahnbeamten wird der Held kriminalisiert, in den Untergrund getrieben und Mitstreiter der Protestbewegung. Der dritte Teil lässt ihn ebenfalls nicht nach Warschau reisen, sondern daheim und unpolitisch bleiben, Karriere als Krankenhausarzt machen, eine Familie gründen und opfert ihn am Schluss bei einem Flugzeugunglück. Kieslowski behauptet in einem Interview, dass das Flugzeug auf alle drei Figuren am Ende aller drei Erzählungen mit dem Tod wartet. Er führt es jedoch nur bei demjenigen aus, der sich zugunsten eines ruhigen Lebens für keine Seite entscheiden will. Dazu kann man heute, 20 Jahre später, stehen wie man mag; der politische Existenzialismus, den Kieslowski kurze Zeit später gegen den unpolitischen Manierismus austauscht, steht in „Der Zufall möglicherweise“ jedoch noch streng im Vordergrund.

Der Film ist bei absolutMedien zusammen mit „Der Filmamateur“ als Doppel-DVD erschienen. Dass „Der Zufall möglicherweise“ nur als OmU auf die DVD gelangt ist, verwundert ein wenig, wurde der Film doch vor einigen Jahren auf ARTE synchronisiert ausgestrahlt (wenn ich mich richtig erinnere).

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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