Veronika, Veronika ist da!

Die zwei Leben der Veronika (La Double vie de Véronique, F/Pl/N 1991, Krzysztof Kieslowski) (DVD)

Zu den eher ernüchternden Erfahrungen eines Lebens mit Film gehört es, wenn man einstmals als Perlen der Filmgeschichte bewertete Filme viele Jahre später noch einmal sieht und diese Sichtweise sich nicht nur nicht erneut einstellen will, sondern man feststellt, dass man damals von Oberflächenreizen dazu verführt wurde, mehr zu sehen, als da ist. So geschehen mit mir und Kieslowskis Film etwa im Jahre 1993. Die trügerischen Indizien: Die Ausstrahlung auf dem TV-Sender ARTE, der weit&breit berühmte Name des Regisseurs, die düster-bedrückenden Sepia-Bilder, das Thema der Doppelgängerin, die von ihrem Anderen nichts weiß, das musikalische Motiv, das Lebensschwere vermittelt, die Schauspielerin, die trotz ihrer Jugend so viel Leid auszustrahlen vermag. Das war 1993.

Letzte Woche habe ich einen Film gesehen, der sich dadurch, dass er vermeidet einen nachvollziehbaren Plot zu entwickeln, seine Figur(en) mal hier mal dahin schickt, ohne dass es „Sinn“ ergäbe, der sich darin gefällt seine Bilder, sobald er sie für bedeutsam hält, gelb einzufärben, dessen Soundtrack, allem voran das immer wieder hingedudelte Leitmotiv (offenbar kündigt sich hier bereits der zwei Jahre später erschienene „Blau“ an), an den Nerven des Musikliebhabers zerrt, dessen Hauptdarstellerin eigentlich nur lachen (siehe Cover) und sich ausziehen (siehe Cover) kann; ein Film also, der so prätentiös ist, so vieldeutig-nichtssagend und so unausgegoren, wie vieles andere von Kieslowski eben auch. Zum Glück bleibt einem bei „Veronika“ aber die daumendick aufs Butterbrot geschmierte katholische Moralität des Regisseurs erspart.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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