Die Mars-Chroniken (The Martian Chronicles, USA 1980, Michael Anderson) (DVD)
Es wird wohl vielen meines Alters so gehen, dass sie „Die Mars-Chroniken“ Anfang der 1980er Jahre im Rahmen der 30-minütigen Zweikanalton-Testsendungen Nachmittags im ZDF kennen gelernt haben. Dort war unter anderem immer wieder jene Szene am Frühstückstisch zu sehen, in welcher der von den Toten zurück gekehrte David von seinem Vater nach seiner richtigen Identität befragt wird, hierüber jedoch schweigt und anstelle dessen mit einer vieldeutigen Handbewegung das Gespräch beenden will. Als der Vater nicht locker lässt, steht David auf und verlässt das Haus. Mutter und Vater stehen im Türrahmen und sehen ihm nach. Später wird David zurückkehren und sein Vater ihm versprechen, die Identität des verlorenen Sohnes nicht weiter zu bezweifeln und anstelle dessen das wiedergefundene Familienglück fraglos zu akzeptieren. An viel mehr konnte ich mich auch nicht erinnern, nur daran, dass ich die Serie dann auch einmal vollständig gesehen habe, wobei mir vor allem der Atomkrieg auf der Erde, der vom Mars aus durch ein Teleskop beobachtet wird, als Bild im Kopf haften geblieben ist.
Ich habe mir die „Die Mars Chroniken“ vor kurzem auf DVD gekauft und nun ganz angeschaut. Der Dreiteiler, der versucht die episodisch in sich abgeschlossenen Kurzgeschichten Bradburys in einem Langfilm zu vereinen, besticht zunächst durch seine Besetzung, in der ich etlichen „apokryphen“ Stars aus anderen Filmen wieder begegnet bin (Roddy McDowell aus „Frightnight“, Wolfgang Reichmann aus „Woyzeck“, Fritz Weaver aus „Creepshow“, …) und durch die für Andersons Filme spezifische Atmosphäre bitterer Ernsthaftigkeit, die mit dem auffälligen inszenatorischen Trash-Appeal der TV-Produktion konfligiert. Vieles in „Die Mars-Chroniken“ wirkt fahrig erzählt, es gibt Ellipsen, die man erst zu einem viel späteren Zeitpunkt als es für die Erzählung gut ist, als solche erkennt. Figurenentwicklungen werden angedeutet aber nicht ausformuliert und der Narrator versieht das Ganze mit einem erzählerischen Überbau, der im Plot kaum zu entdecken ist. Zudem sind die Spezialeffekte keineswegs auf der Höhe der Zeit und streckenweise regelrecht belächelnswert.
Und dennoch „zog“ der Dreiteiler, was nicht nur an der verklärenden Kindheitserinnerung liegt, sondern vor allem auch an der zeitgeschichtlichen Relevanz, die schon in Bradburys Vorlage vorhanden war: Die Angst vor dem Atomkrieg und die mit den postcolonial studies aufkommende Erkenntnis, dass Kolonialisierungsprozesse stets Verlierer produzieren. Überdies führt die Serie eindrücklich die Fähigkeit des Menschen vor Augen, sich immer wieder selbst zu belügen, um den Seelenfrieden zu finden. Diese Momente (wie die oben geschilderte Frühstücksszene) gehören zu den stärksten der „Mars-Chroniken“.
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