Hexen, Hexen (The Witches, UK 1990, Nicholas Roeg) (VHS)
Obwohl sich dieser Film oberflächlich in vielerlei Hinsicht von den übrigen fantastischen Filmen Roegs unterscheidet, sind es die subtilen Ähnlichkeiten vor allem mit "Don’t look Now!", die ihn interessant machen.
Zum einen könnte man beide Geschichten als Spiegelung zueinander lesen: Handelte "Don’t look Now!" von der Reise "verwaister" Eltern an den Ort der Trauerarbeit, ist es in "The Witches" der verwaiste Junge, der diese Reise antritt. Dass sein Ziel England ist (genau jener Ort, von dem die Eltern in "Don’t look Now!" geflüchtet sind und wo sie ihren Sohn (!) zurück ließen), lädt die jeweiligen Reisen mit zusätzlicher Bedeutung auf: Der Kontrast Venedig-England ("Don’t look Now!") sowie Norwegen-England-USA ("The Witches") versorgt die Erzählungen mit Motiven des fremden, transportiert über Mythen und Märchen der jeweils anderen Kultur.
Einige der Motive aus "Don’t look Now!" finden sich in Roegs jüngerem Film wieder – vor allem der zusammenhängende Komplex "Sehen/Glas/Wasser/Tod" spielt in beiden Filmen eine Rolle, wenn auch bei "The Witches" nicht mehr vordergründig als zentrales Motiv. Donnoch sind einige Szenen markant – etwa, dass mehrfach Brillen als "Lupen" benutzt werden oder dass der Tod jeweils mit Wasser und/oder Flüssigkeit konnotiert wird. So wie "The Witches" als Kinderfilm auf seine Art ein Modell von Trauerarbeit für Kinder anbietet (darin ist er übrigens Coscarellis "Phantasm" sehr ähnlich) leistet "Don’t look Now" das selbe für Erwachsene.
In beiden Filmen geht es um die Wiedererlangung von Normalität nach dem Trauma, das auf eine metaphorische Ebene (Okkultismus, Märchen, …) verschoben, noch einmal durchlebt und überlebt werden muss. "Don’t look Now!" nimmt dabei nur scheinbar die Perspektive des Vaters ein. Wollte man die fantastische Erzählung des Films rationalisieren, müsste man sie als Fantasie der Überlebenden – nämlich der Mutter – deuten, die sich darüber klar zu werden versucht, warum ihre Tochter und ihr Mann gestorben sind. (Vielleicht ist die Prolog-Sequenz diesbezüglich mehrdeutiger in ihrer Ästhetik, als ich bislang angenommen habe. Ist der Vater beim Rettungsversuch der Tochter vielleicht ebenfalls ertrunken? Sein seltsames Abtauchen und die Slow-Motion-Aufnahmen legen eine nicht-realistische Lesart der Sequenz jedenfalls nahe.)



