Trudys berühmtes Wachsmuseum

House of Wax (USA 2005, Jaume Collet-Serra) (Pressevorführung Ufa Köln)

Ich habe gestern den bislang ärgerlichsten und schlechtesten Film des Jahres gesehen, denn:

  1. Für ein Remake reicht es nicht, einfach den Titel zu zitieren.
  2. Die Mimen (allen voran Paris Hilton) sind völlig talentfrei.
  3. Bei Fräulein Hilton kommt noch hinzu, dass sie sich ständig als
    „sexuell provokativ“ inszeniert, was angesichts ihrer lächerlichen
    Gesamtleistung genauso infantil wirkt wie ihr übriges Gehabe in der
    Weltöffentlichkeit.
  4. Die gähnende Langeweile des Plots wird auch nicht durch die eingestreuten derben Splattereffekte besser.
  5. Die dreiviertelstündige Exposition ist angesichts der daraus resultierenden „Figurenentwicklung“ eine Frechheit.
  6. Selbst jemandem, der sich sonst nicht dafür interessiert (ich!), fallen die logischen Brüche im Plot unangenehm auf.
  7. Der Film ist eine einzige Wiederholung längst untergegangen gehoffter Slasherfilm-„Dramaturgie“.
  8. Das Presseheft ist offenbar mit vorgehaltener Waffe geschrieben worden (vor allem das Kapitel über Paris Hilton)
  9. Der Film hat nur eine einzige nicht-langweilige Idee und die vernichtet er auch noch, indem er sie exzessiv ausschlachtet.
  10. Das „Geschwister-Thema“ (das im Presseheft zu einer analytischen
    Erkenntnis hochstilisiert wird) ist plump ausformuliert und
    überdeterminiert.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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9 Antworten zu Trudys berühmtes Wachsmuseum

  1. djmacbest sagt:

    Die analytische Erkenntnis des Geschwister-Themas hätte ich selbst dem Punisher in diesem Film zugetraut… war ja nicht zum Aushalten, wie der Film mit dem Käse hausieren ging… „So, und jetzt bedienen wir noch die Hobby-Psychoanalytiker unter den Zuschauern, geht ganz einfach…“

    Von vorne bis hinten ärgerlich, der Film. Da geb ich dir mal absolut recht.

  2. Stefan sagt:

    ja, und wenn ich dann überlege, was ein denkender Mensch allein aus dem Thema des wächsernen Potemkinschen Dorf alles hätte machen können! André de Toth hat mit einem Auge unendlich viel mehr hinbekommen als Jaume Collet-Serra mit zweien je könnte! 🙁

  3. Karsten sagt:

    7. Der Film ist eine einzige Wiederholung längst untergegangen gehoffter Slasherfilm-„Dramaturgie“.
    —-

    …die mit einer versierten Inszenierung allerdings immer noch zeckt! Siehe „Haute Tension“…

  4. Stefan sagt:

    Wohl wahr, wohl wahr! Bei „High Tension“ liegt der Fall allerdings noch etwas anders, denn der Film „bringt mehr mit“ als die „reine Lehre“. Er bricht an so entscheidenden Stellen mit seiner Genregeschichte und verweigert jede Katharsis so nachhaltig, dass man darüber nachzudenken förmlich genötigt wird. Der Wachs-Film vermag das nicht und bleibt ständig „er selbst“.

  5. Karsten sagt:

    …was ich „Haute Tension“ auch etwas ankreide – wenn man den Plot-Twist genauer abklopft, bleibt das Ende ein meiner Meinung nach eher deplaziertes Konstrukt – da hätte ich mir sprichwörtlich ehrliches Finale mit seiner erlösenden Funktion gewünscht, den „House of Wax“ wohl eher bedienen wird. Wie man in der Beziehung dem Slasher-Fan geschickter vor den Kopf stoßen kann, hat Lustig in „Maniac“ besser hinbekommen – auf den HT ja auch konsequenterweise diverse male Bezug nimmt…

  6. Stefan sagt:

    Ich habe das Ende von „High Tension“ (ich denke, du meinst die Auflösung, wer der Mörder ist und nicht die Schluss-Szene in der Psychiatrie, oder?) als sehr intelligent empfunden. Sicherlich: Auf den ersten Blick wirkt die Identifikation von Alex und dem Killer wie an den Haaren herbei gezogen. Doch bei einer genaueren Analyse zeigt sich, dass damit die „Ideologie“ des Films doch ziemlich genau auf den Punkt gebracht wird: Die unendliche Annäherung des Kamerablicks an das Erzählsubjekt (Marie), die Distanzauflösung zwischen Filmperspektive und Zuschauerblick führt dazu, dass wir zusammen mit Marie derselben Halluzination unterliegen und Alex gar nicht wahrnehmen. Diese Zerr-Perspektive offenbart sich in einigen Szenen, etwa als sich die Polizisten das Video in der Tankstelle ansehen: Da ist Maries Perspektive nicht mit im Spiel und auf einmal sehen wir Alex und nicht dem Mann.

    Insofern finde ich schon, dass der Slasher-Fan, der die machtvolle Täter-Perspektive oder zumindest die neutrale Perspektive gewohnt ist, durch die erzwungene Identifikation mit dem verwirrten Opferblick vor den Kopf gestoßen wird, sich aber – wenn ihm das nicht auffällt – weiterhin behaglich seiner skopophilen Mordsfreude hingeben kann.

    (Anm.: Diese Strategie von „High Tension“ ist mir übrigens gleich beim ersten Sehen des Films aufgefallen, weil ein Freund von mir so nett war, mir vorher das Ende des Films zu verraten. Hier zeigt sich deutlich, dass die Reduktion eines Films auf die Erzählung zu nur ungenügenden Ergebnissen führen muss. „High Tension“ lebt nicht nur nicht von seinem Plot – der Plot wird sogar als Ablenkung von der eigentlichen Geschichte eingesetzt, um Verwirrung zu stiften. Wenn man den beiseite lässt – etwa, weil man ihn schon vorher kennt -, hat man mehr vom Film.)

    Näheres zu meiner Analyse in: IKONEN, Nr. 5 (2004), S. 45.

  7. Karsten sagt:

    —–
    Insofern finde ich schon, dass der Slasher-Fan, der die machtvolle Täter-Perspektive oder zumindest die neutrale Perspektive gewohnt ist, durch die erzwungene Identifikation mit dem verwirrten Opferblick vor den Kopf gestoßen wird, sich aber – wenn ihm das nicht auffällt – weiterhin behaglich seiner skopophilen Mordsfreude hingeben kann.
    —–

    Die Intention einer Genre-Demontage ist ja prinzipiell ein lobenswertes Unterfangen – wenn auch nicht sonderlich originell umgesetzt. „Identity“, „The sixth sense“ oder „Fight Club“ hatten ähnliche Auflösung, in der die Identifikations-Figur eine neue Identität erhält, allerdings spielen die Filme auf diesen Umstand hin, während HT in dieser Richtung überhaupt keine Fährten legt – im Gegenteil. Der überrumpelnde Effekt des unvermittelten Plot-Twists ist natürlich bewusst angelegt und besitzt für den Moment durchaus sein Maß an Irritation, hat aber den schalen Nachgeschmack des recht bequemen „Alles-nur-Einbildung/geträumt“-Twists, für den – wie gesagt – nicht einmal eine Vorarbeit geleistet wurde. Das ist einem die Regie natürlich nicht schuldig, aber es verleiht dem Film bei mehrmaliger Betrachtung keine neue Facetten. Ich empfinde daher die handwerkliche Machart in ihrer Reduktion und gleichzeitiger Effizienz weitaus revolutionärer, als den Plot-Twist…

  8. Stefan sagt:

    ***
    Die Intention einer Genre-Demontage ist ja prinzipiell ein lobenswertes Unterfangen
    ***
    Das habe ich so nicht gemeint: Nicht ein Genre wird hier demontiert, sondern eine Rezeptinshaltung, die durch eine bestimmte genrespezifische €sthetik gestützt wird. Mit den Motiven des Slasherfilms geht HT sehr affirmativ um. Er soll ja eben wie ein Slasherfilm aussehen – sonst würde die subtile Destruktion nicht funktionieren.

    ***
    während HT in dieser Richtung überhaupt keine Fährten legt […] unvermittelten Plot-Twists […] nicht einmal eine Vorarbeit geleistet wurde.
    ***
    Ich hatte doch aber oben schon erwähnt, dass es durchaus Szenen gibt, die diesen „Plot Twist“ (der dann ja eigentlich keiner ist!) vorbereiten. Die Tankstellen-Szene ist nur der deutlichste davon. Aber auch der Traum, von dem Alex zu Beginn berichtet (wie sie sich selbst durch den Wald verfolgt) ist ein akuter Hinweis, der erst im Finale seinen Sinn offenbart.

    Oder mit Barthes: „Der Sinn liegt nicht am Schluss einer Erzählung; er durchströmt sie.“

  9. Karsten sagt:


    Das habe ich so nicht gemeint: Nicht ein Genre wird hier demontiert, sondern eine Rezeptinshaltung, die durch eine bestimmte genrespezifische Ästhetik gestützt wird.

    Oke – „Genre-Demontage“ ist wohl wirklich etwas großspurig…


    Ich hatte doch aber oben schon erwähnt, dass es durchaus Szenen gibt, die diesen “Plot Twist” (der dann ja eigentlich keiner ist!) vorbereiten. Die Tankstellen-Szene ist nur der deutlichste davon. Aber auch der Traum, von dem Alex zu Beginn berichtet (wie sie sich selbst durch den Wald verfolgt) ist ein akuter Hinweis, der erst im Finale seinen Sinn offenbart.

    Zugegeben – die – anfangs unverbindliche – Traumsequenz ist ein Aspekt, der später in einem anderen Licht erscheint, bietet aber bei der ersten Betrachtung keinen wirklichen Hinweis auf die Täter/Opfer-Identitäten. „I was hunting myself…“ wird ja erst nach der Auflösung explizit und nimmt dann auch wieder den deutlichen Bezug zum Intro. Mich stört nur der Umstand der Phantasiewelt. HT spielt zum Großteil in seinem eigenen Universum und geniesst damit eine Narrenfreiheit, mit der man alles entschuldigen kann. „Fight Club“ inszeniert die Schizophrenie seiner Hauptfigur in der realen Welt, an der (aus der Sicht des Narrators) „weltfremde“ Figuren und Situationen gezwungenermaßen unmittelbar beteiligt sind. Bei HT kann man sich im Grunde nicht mal sicher sein, ob Alexs Familie wirklich gestorben ist, die einzigen „echten“ Morde passieren an dem Tankstellenwärter und dem Autofahrer – und selbst das könnte man als Fiktion abtun. Vielleicht setzt Alexs Version bereits zu Beginn in der Psychatrie ein und hat durch die Rückblende eine Ahnung von ihrer Krankheit. Es ist alles also recht diffus und unverbindlich. Ein spannender Ansatz, aber nicht wirklich originell…

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