The Ring Two (USA 2005, Hideo Nakata)
Der Sage nach passiert etwas ganz schreckliches eine Woche nachdem man sich das Ring-Video angeschaut hat. Und es stimmt:
Gestern habe ich „The Ring Two“ gesehen. :-[
Die Fortsetzung krankt an allem, an dem ein Horrorfilm überhaupt
kranken kann: miserable Spannungsbögen, unendlich komplizierte
Plotwendungen (aber nicht in dem Sinne kompliziert, dass sie zum
hermeneutischen Durchdringen einladen würde), Schauspieler, die
glauben, allein mit einem verkrampft-mysteriösen Gesichtsausdruck könne
man Emotionen vermitteln, ein sich tot erklärendes Plotkonstrukt (das
ist wohl das einzige, was aus dem japanischen Original erfolgreich
übertragen wurde :-D), …
Nach etwa fünf Minuten, genau genommen: nachdem der kleine Aiden von
dem Mädchen im Brunnen träumt und danach auf einem nass-„geschwitzten“
Bettlaken aufwacht, habe ich mir den Spaß gemacht, den restlichen Film
als adoleszentes Entwicklungsdrama zu lesen. Und haarsträubender Weise
hat das auch tadellos funktioniert. „The Ring Two“ präsentiert, wie
„The Exzorzist“, „The Omen“ oder „Carry“ (Sissy Spacek hat ja sogar
eine Nebenrolle bekommen :-D), die dämonischen Auswirkungen sprießender
Hormone im Kinderkörper. Auf einmal will der junge Mann nicht mehr
„Mutti“ sagen, verrät ihr seine (Alb?)Träume nicht mehr, zieht sich vor
ihr nicht mehr aus (mit Unterhose in die Badewanne), wird extrem
eifersüchtig auf Nebenbuhler und entwickelt – das ist sozusagen das
filmische Sichtbarmachen der Adoleszenz – übersinnliche Kräfte.
Das Klischee lässt sich in „The Ring Two“ bis in psychoanalytische
Sphären verfolgen: Aus Mangel an der Vaterfigur durchlebt der kleine
Aiden keinerlei dramatischen Ödipus-Komplex, sondern kann sich ganz auf
die widersprüchliche Liebe zu seiner Mutter konzentrieren. Es dauert
einen Film lang, bis er diese Liebe annehmen kann (und erkennt, für wen
das kleine Mädchen, das da in seinen Träumen ständig aus einem dunklen
feuchten Loch hervorkriecht, wirklich steht): In der ersten
Badewannensezen sträubt er sich noch, wenn Mami ihn „ins Wasser“ (:-D)
stecken will; am Ende ist er aber mehr als willig, sich von ihr mal so
richtig untertauchen zu lassen. (Freuds Anmerkung zu Erstickungsangst:
Erinnierung an pränatale Situationen!)
Ohne das Original „Ringu 2“
zu kennen stelle ich mal die Behauptung auf, dass Nakata nicht einfach
versucht hat, seinen eigenen Horrorfilm ästhetisch für ein westliches
Publikum zu adaptieren, sondern vor den Dreharbeiten auch noch mal kurz
den Schwab durchgeblättert hat – eventuell mit der Frage auf den
Lippen: „Was ist ein typischer Eltern-Kind-Konflikt in der westlichen
Welt?“
Nun, wenn ich diese intellektuelle Spielerei (die mir bei der Sichtung
des Films eine Menge Spaß bereitet hat!) einmal bei Seite lasse und den
Film „an sich“ bewerte, muss ich sagen, das „The Ring Two“ ein äußerst
langweiliger, naiver und inkonsequenter Horrorfilm ist. Aber darin ist
er gleichzeitig eine gute Fortsetzung. 😉



