Funny Games (Österreich 1997, Michael Haneke) (DVD)

Ich habe den Film heute noch zwei Mal gesehen und meine nun, nicht nur sein ästhetisch-ontologisches Konzept verstanden zu haben, sondern auch einer zentralen These der Haneke-Diskursmaschine widersprechen zu können: Seine Täter haben durchaus ein Motiv. Dieses Motiv verbirgt sich jedoch nicht in der Erzählung des Films, sondern jenseits seiner Grenzen (wörtlich: vor dem Beginn und nach dem Ende) und in der Genregeschichte des Thrillers und des Serienmörderfilms. An beide schließt „Funny Games“ an (und ohne sie wäre er eigentlich sogar völlig unverständlich).

Hätten die Täter kein Motiv, wären es lediglich mordlüsterne Bestien, medienverdorben und wohlstandsverwöhnt, müsste man, nachdem man so sehr mit ihren Opfern mitzuleiden gezwungen wurde, den Schluss ziehen, Haneke wolle hier auf einen „kurzen Prozess mit solchen Tätern“ hinaus, auf eine Rechtssprechung, die sich für Gründe (und seien sie eben nach bürgerlichen Moralvorstellungen „nicht verstehbar“) nicht interessiert und solche Täter lieber entgültig weg als verstanden/kuriert hätte. Sicherlich eine Rachejustiz, die sich nur ein Faschist wünschen könnte.




Könnte man aber nicht behaupten, daß gerade in der Serialität ein Akt der Willkür und die schiere Lust am Foltern sich abzeichnet. Die Wahl der Opfer ist schließlich nur durch deren gesellschaftlichen Rang bestimmt, bleibt aber innerhalb dessen dem Zufall, oder besser dem „Spiel“ überlassen. Andererseits könnte gerade auch der Faktor der Lust ein hinreichendes, wenn auch kaum nachvollziehbars Motiv darstellen, denkt man beispielsweise an Lautréament oder de Sade, deren Philosophien ein gegenaufklärerisches Gepräge haben.
Serialität und Willkür schließen schon einander aus. So steht’s schon bei Eco.
Nein, es gibt keinen Mord ohne Motiv; selbst wenn jemand behauptet, ohne Motiv gemordet zu haben, hatte er das als Motiv.
habe ich auch beides nicht behauptet.
1. das der rahmen in dem die morde stattfinden nicht willkürlich ist, ist ein gemeinplatz, die wahl der opfer entspringt aber doch eher dem zufall (beispiel: die nachbarn, die mit dem Boot vorbei fahren, werden die nächsten Opfer…das klingt doch sehr willkürlich).
2. ich spreche nicht von einem fehlen des motivs… das das motiv außerhalb der eigentlichen tat angesiedelt werden muß ist klar…, sondern davon, daß das motiv verschleiert wird um den disskurs zu motivieren…das wäre doch gerade beim „vermeindlichen“ Lustmord der Fall.
Hat nicht alles und jeder irgendwie ein Motiv?
zu 1.: Nö, die Nachbarn sind grundsätzlich die Opfer. Das waren sie ja schon vorher – es ist eben nur egal, wer die Nachbarn sind.
zu 2.: schon klar. Sprächen wir hier nicht von einem Film, in dem die Täter keine Biografie besitzen, sondern von Menschen, ließe sich nach deren Verhaftung schon ein Motiv finden. Und selbst im Film haben sie ein Motiv – es ist eben nur extradiegetisch: „Meine Täter haben kein Motiv, um den Zuschauer zu beunruhigen.“ (Haneke) Wenn das kein handfestes Tatmotiv ist. 😀
Ist ein interessanter Punkt….zumal Paul und Peter sich ja auch immer wieder konkret an das Publikum richten.