»Androids! Super human robots!«

The Human Duplicators (USA 1965, Hugo Grimaldi) (VHS)

Pygmalion am Boden

In Deutschland ist der Film unter dem Titel „FBI jagt Phantom“ gelaufen, wobei überhaupt nicht geklärt ist, wer oder was „Phantom“ sein soll. Vielleicht ist die Umtitelung eher wie eine „Bild“-Schlagzeile (also unter Auslassung „überflüssiger“ Artikel und Pronomen) zu verstehen. Zum Film würde es passen; er kommt in reichlich altbackenen Bildern daher und wirkt wie ein SF-Exploiter aus den 50ern, was nicht zuletzt auch an seiner Figurenkonstellation liegen mag.

"Kolos telefonieren nach Haus!" - Farb-Bildschirm-Telefonie

In das SF-Korsett eingekleidet ist eine Kriminalfilmhandlung: Ein recht groß gewachsener Außerirdischer mit dem passenden Namen „Dr. Kolos“ landet auf der Erde, um eine Invasion seiner Rasse vorzubereiten. Dazu soll er zunächst eine Androiden-Armee schaffen. Er bedient sich hierzu der Experimente Prof. Vaughn Dornheimers (dass der Name wie „von Dornheimer“ klingt, ist sicherlich kein Zufall, s.u.), der bereits an humanoiden Robotern arbeitet – nur nicht richtig. Kolos versogt den irdischen Wissenschaftler jedoch nicht bloß mit den entscheidenden technischen Zusatzinformationen, sondern tauscht ihn und seine Helfer gleich gegen die so erstellten androidischen Duplikate aus. Zudem lässt er verschiedene Menschen, die wichtige Funktionen innehaben, entführen, interniert sie entweder in einem Kellerverlies oder ermordet sie gleich und lässt deren Doppelgänger in die Gesellschaft zurückkehren, um in den Interessen der Außerirdischen zu handeln.

Creation of a Humanoid

Nach einem seltsamen Raub, bei dem ein Wissenschaftler aus seinem eigenen Forschungsinstitut technische Geräte entwendet und von der Polizei angeschossen dennoch fliehen kann, wird das FBI auf die Sache aufmerksam und entsendet einen Agenten, der die Spur des Räubers bis zu Dornheimers Villa verfolgt. Dort findet er – getarnt als Journalist – nach und nach heraus, was vor sich geht; allerdings nicht, ohne selbst durch ein Duplikat ersetzt zu werden, das zum Hauptquartier des FBI zurückkehrt, sich dort „auffällig verhält“ und einen Großeinsatz auslöst. Dr. Kolos indes ignoriert die Anweisungen seiner Vorgesetzten, auch die blinde Tochter Dornheimers durch ein Duplikat zu ersetzen – da scheinen interstellare Emotionen im Wege zu stehen. Als deswegen die ganze Invasion scheitert und der richtige Prof. Dornheimer, der in einer Verlieszelle saß, eine Strahlenkanone konstruiert, mit der man die Roboter verrückt werden lassen kann, flieht Kolos zurück in sein Raumschiff.

Doppelkopf

Die Betonung und Inszenierung der Transformationsprozesse scheint nicht nur für diesen Film wichtig zu sein – sie stellt ein Leitmotiv der 60er-Jahre-Roboterfilme dar. Immer mehr Androiden tauchen in diesen Filmen auf, die sich von den Blechrobotern der 50er unterscheiden und die Menschheit zu unterwandern drohen. Fast könnte man darin einen „politischen Backlash“ zu den Paranoia-Filmen der 40er („Invasion of the Body Snatchers“) sehen; die Verbindung zur Technik scheint mir jedoch mehr im Vordergrund zu stehen, insbesondere weil sowohl die Science Fiction als auch die Robotik in den 1960er-Jahren ein zusehends schärferes Bild des Roboters und seiner Möglichkeiten in der Öffentlichkeit zeichnen. Das lässt sich vielleicht schon darin ablesen, dass dieser ansonsten doch eher „handlungslastige“ Film sich sogar zwei mal die Mühe macht, ausführliche Definitionen dafür anzuführen, was ein Android ist und welche technischen Hintergründe ihn bedingen. Seiner FBI-Kollegin hält der Held des Films folgenden Kurzvortrag:

„Cybernetics: It“s the study of calculators and computers, all kinds of mechanical devices to control automation – mechanical brains. So, Dornheimer is the chief exponent in the field. He’s the father of the thinking machine. Listen to what Dornheimer sais: ‚And there’s every reason to believe that in time man will device a method for by a mechanical brain system [that] will be linked electronically with a human nervous system thereby creating a totally independed thinking machine. Once this phase has been accomplished there will only be a short step to the creation of the ultimate in mechanical devices: the android.‘ An android is a robot like a mechanical man except of (?) been one important difference: an android would look exactly like a human being.“

The Duplication Chamber

Menschen-Kopierer

"The father of the thinking machines"

Später schlägt der FBI-Vorgesetzte noch einmal in einem Wörterbuch die Bedeutung von „Android“ nach: „Android: resembling a human, mechanical man, a robot“. Die Ähnlichkeit bzw. Verwechselbarkeit der Maschine mit dem Menschen ist also hier schon fester Bestandteil der Definition von und damit des Diskurses über Androiden. Der Film inszeniert diese Verwechselbarkeit regelrecht als Maskerade: Die Kopien werden nach dem menschlichen Vorbild in einem aufwändigen Prozess hergestellt (abermals sehen wir eine Vorrichtung wie in „Daleks‘ Invasion Earth: 2150 AD„); die daraus entstehenden Duplikate haben jedoch mehr von Statuen als von Lebewesen: Das wird nicht nur durch ihrem kalten, emotionslosen Äußerungen deutlich (jene FBI-Agentin beschleicht das Capgras-Syndrom, als sie mit ihrem ausgetauschten Kollegen spricht, mit dem sie am Abend zuvor noch Androidendefinitionen gebüffelt und hernach ein erotisches Tête à Tête hatte), sondern auch daran, dass sie regelrecht zerbrechen, wenn sie hart getroffen werden oder auf den Boden fallen.

Kolos in Love

Trotz dieser Verletzlichkeit fühlen sich die Duplikate den Menschen und sogar ihren außerirdischen Schöpfern überlegen. Das Dornheimer-Duplikat belehrt Dr. Kolos schließlich über seinen Fehler, kurz nachdem er von einer Androiden-Armee überwältigt wurde:

„You’ve made a great mistake, Kolos – you and your galaxy masters: you programmed us with too much knowledge. You allowed my mechanical brain to cross over the barrier that separates the android from the human, the power of the independend thought. You and your masters have violated a basic rule, a scientific law: you must never program a mechanical device with more wisdom than you self possess. You must never create a robot that can outsmart you. In a perfect android society there is no room for human beings with their weaknesses. We have no feelings. We are superior in every way. We are the master race.“

Natürlich evoziert der blonde „von“ Dornheimer hier Erinnerungen an die „Herrenrasse“, die sich 20 Jahre zuvor mit ganz ähnlichen Ideen zur Weltherrschaft aufschwingen wollte. Dass der faschistische „Sub“Text hier abermals mit der Technikphobie verschränkt wird, spricht meines Erachtens aber dennoch mehr für die aufkeimende Dämonisierung von Technik als für eine wie auch immer geartete politische Verschwörung von rechts oder links. „The Human Duplicators“ ist, gerade weil er so oberflächlich Kriminalfilm sein will, ein sehr markantes Beispiel für filmisch transportierte Technikakzeptanz.

Die Wahnsinns-Kanone

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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