Das Kino im Jahre Null

Deutschland im Jahre Null (Germania Anno Zero, Italien 1948, Roberto Rossellini) (DVD)

Der zweite Film, der in meinem Proseminar läuft. Rossellini überlässt hier – wie auch schon in Stromboli – immer weniger der Improvisation. Eine deutlich konstruierte narrative Linie spannt einen Bogen zu einem Schluss, der eine moralische Handschrift offenbart. Die Figuren sind nicht mehr „echt“ im Sinne des Neorealismus, sondern Archetypen, die zu einer allegorischen Lesart einladen: Handelt Rossellinis Film auch vom Aufbruch des jungen Kinos, von dessen Abgrenzung zum alten System und seinem Umgang mit der politischen Vergangenheit? Die Männer-Figuren ließen sich diesbezüglich recht deutlich zuordnen. Ein Generationskonflikt, der für die alte Generation tödlich endet und auch für die neue – solange diese an normativen Vorstellungen von Moral und Ästhetik festhält und den Vatermord nicht als Befreiungsschlag sieht. Festhalten tut Rossellini mit seinem Film selbst nicht – denkbar weit entfernt er sich nicht nur von der Bildsprache der Kriegs- und Vorkriegszeit, sondern sogar von den „Doktrinen“ des Neorealismus, wie sie Zavattini etwas später aus formuliert und erfüllt anstelle dessen die „Forderungen“ André Bazins nach einer „permanenten Revolution“ der Ästhetiken.

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
Dieser Beitrag wurde unter Filmtagebuch veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.