Kino im Kopf

Dass ich heute bis zu meinen ersten Vorführungen (die um 16 Uhr beginnen) noch etwas Zeit habe, habe ich dazu genutzt, die Ausstellung „Kino im Kopf“ im Filmmuseum zu besuchen, die wohl wegen des großen Erfolgs bis zum 26. Februar verlängert wurde.

Ich bin schon positiv über das Ausstellungskonzept überrascht. In der ersten Sektion wird man in die Anfänge der Psychoanalyse eingeweiht – teilweise mit Originaldokumenten und Filmausschnitten, die Freud, Jung und andere privat zeigen oder Szenen aus frühen Spielfilmen, in denen diese oder die Psychonanalyse als Theorie eine Rolle gespielt haben. Hervorhebenswert ist eine Montage aus Pabsts „Geheimnisse einer Seele„, die „quergelesen“ wird mit Siegfried Bernfelds unverfilmten Drehbuch für einen psychoanalytischen Spielfilm.

Die zweite Sektion widmet sich dem Motiv der Analyse im Spielfilm sowie der Übernahme psychoanalytischer Topoi in die Filmwissenschaft. Ein Raum ist allein der Figur des Profilers im Film gewidmet und beschäftigt sich unter anderem mit dem Fall „Bruno Lüdtke“ und dessen Verarbeitung in Siodmaks „Nachts, wenn der Teufel kam“.

»Und wenn Sie als Kriminalbeamter an der Untersuchung einer Mordtat beteiligt sind, erwarten Sie dann wirklich zu finden, dass der Mörder seine Photographie samt beigefügter Adresse an dem Tatorte zurückgelassen hat, oder werden Sie sich nicht notwendigerweise mit schwächeren und undeutlicheren Spuren der gesuchten Persönlichkeit begnügen?» (Sigmund Freud, 1916)

Im letzten Raum finden schließlich die psychoanalytischen Filmtheorien und Konzepte Platz: Skopophilie, Erinnerung, Rausch, Traum und anderes wird hier mit Texttafeln und Filmausschnitten vorgestellt. Besonders gelungen ist dabei eine Projektion von Spielfilmen auf zwei Leinwänden: Die erste zeigt die Handlung, während die zweite die psychischen Zustände der Protagonisten abzubilden versucht oder – wie bei „Die 27. Etage“ – die Gedankenfragmente des Patienten zeigt.

Für Film- und Kulturwissenschaftlern, die sich bereits mit der Psychoanalyse beschäftigt haben, dürfte die Ausstellung kaum neues bringen; vielmehr richtet sie sich wohl an „interessierte Laien-Analytiker“. Eine Gruppe Gymnasiasten war über die Ausstellung der Lüdtke-Büste sehr erfreut („Guck mal, das ist der präparierte Kopf von einem Massenmörder!“) – mehr dann aber noch über die Projektion einer intensiven Sexszene aus „Y tu mamá también„, die in der Skopophilie-Sektion zu sehen war. So weckt man Intresse an Kulturtheorie. 😀

Über Stefan Höltgen

siehe: http://about.me/hoeltgen
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