The Texas Chainsaw Massacre (USA 1974, Tobe Hooper) (DVD)
Man kann einen Film wie TCM wahrscheinlich dutzende Male sehen, ohne dass einem jener filigrane Diskurs über Zeichen- und Wunder-Gläubigkeit, der da die ganze Zeit von den Protagonisten geführt wird, auffällt. Und das liegt wohl weniger daran, dass das subtil verhandelt würde als daran, dass TCM eben andere Schauwerte hat.. Beim gestrigen Sehen habe ich mich zum ersten Mal darauf konzentriert und versucht, die Terror-Ästhetik nicht die rezeptive Oberhand gewinnen zu lassen.
Zunächst ist natürlich das Gespräch im Bus an Anfang interessant, in welchem es darum geht, ob der Unheilsplanet Saturn evenuell schädlichen Einfluss auf das Schicksal der Businsassen haben könnte. Zwar gibt es auch Zweifler, doch sind alle am astrologischen Geschehen interessiert – und auch der Zuschauer ist durch jene bedrohlichen Bilder der Sonnen-Protuberanzen bereits in die Gefilde der Sternenguckerei gelockt. (Der Blick hinauf wird von der Kamera noch etliche Male inszeniert, so dass man schon fast von "Sonnenanbeterei" sprechen könnte.)
Als dann der Hitchhiker aus dem Bus geworfen wird und er mit seiner blutenden Hand das Fahrzeug von außen beschmiert, beginnt das Rätselraten, ob bereits zuvor das Zusammentreffen als von den Sternen unheilvoll vorausgekündet wurde, von neuem: Ob das Blut-Zeichen etwas zu bedeuten hat, fragt Franklin und seine Schwester bemerkt daraufhin wie nebenher: "Everything means sometihng, I guess."
Doch weder sind sie in der Lage die Inschrift auf dem Bus zu enträtseln noch die Knochen, die wie von Schamanenhand hingeworfen und aufgehängt in jenem scheinbar verlassenen Farmhaus gefunden werden, zu lesen. Die Welt, in die die Teenager eindringen, ist voller archaischer Symbole, Strukturen und Leseanleitungen, an deren Beginn die mögliche Hieroskopie des toten Gürteltieres (vom Filmanfang) stehen könnte und deren Ende die kannibalische, inzenstuöse, mutterlose Bruderhorde steht, die den Diskurs dominiert.
Das alles konnten die Teenager nicht verstehen, denn ihr rituelles Wissen ist streng reglementiert (das Buch, das Sally mit in das Reich oder besser: die Wildnis der Zeichen bringt, heißt "American Astrology. Your daily Guide for all Signs") und lägst aus dem Rituellen herausgerissen und in die industrielle Zeichenproduktion hineinverpflanzt worden.
Einzig die Gewalt, deren Opfer sie werden, erkennen die Jugendlichen wieder – als die Wiederholung eines Prozesses, der der Kultur, aus der sie kommen, als "Schlachten" ebenfals inhärent ist. Der Schmerz, Das Blut und das Sterben sind in allen Kulturen dieselben und – mit Clive Barker gesagt – "Blutbücher sind wir Leiber alle. lesbar rot, dort wo man uns aufschlägt."



