Die Ermordung des Herzogs von Guise (L'Assassinat du Duc de Guise, F 1908, André Calmettes & Charles Le Bargy) (Aula der Uni Bonn)
Wie angekündigt, lief gestern Abend in der Aula der Universität Bonn das Filmmusik-Konzert der Camerata musicale der Uni Bonn unter Leitung von Michael Küßner. Und obwohl weder der John-Williams-Score noch Auszüge aus dem Harry-Potter-Soundtrack gebracht wurden (beides fand ich im Kontrast zum Restprogramm ohnehin befremdlich), bekam ich doch mehr geboten, als ich dachte … nämlich einen frühen Stummfilm mit Orchesterbegleitung.
Eröffnet wurde das Konzert mit einem größtenteils auf die Blasinstrumente reduziertem Enemble, das eine Filmmusik Schostakowitschs brachte. Die Suite aus dem Film "Allein" (Odna, UdSSR 1931, Grigori Kozintsev & Leonid Trauberg) war vor allem durch Ironie im Umgang mit den Versatzstücken revolutionärer Kompositionen bestimmt – alles natürlich auf den Inhalt des Films, der eine prä-sozialistische Dortgemeinschaft beschreibt, abgestimmt. Schostakovichs Verhältnis zum Film war ja ohnehin ein eher getrübtes; hatte er seinen Lebensunterhalt in jüngeren Jahren ja als Filmpianist in Kinos verdienen müssen und ist später von Stalin zum sowjetischen Filmmusiker berufen worden (worunter sein symphonisches Werk wohl arg gelitten haben soll). Nach der formalistischen Wende der Sowjet-Kunst hatte Schostakovich dann gar nichts mehr zu lachen.

Den zweiten Teil des Konzertes stellte eine Suite aus dem Film "Der Leopard" (Il Gattopardo, Italien 1963, Luchino Visconti), komponiet von Nino Rota. Auch in diesem Film ist ein gesellschaftlicher Umbruch (vom Feudalismus zur Republik) das Thema, durchzogen von einer Liebesgeschichte. So changiert der Soundtrack dann auch beständig zwischen bombastischen Szenen (der Beckenspieler musste sich nicht oft setzen) und romantischen Einlagen.
Schluss und Höhepunkt – nach der Pause – bildete eine Orchesterbegleitung zum oben genannten Stummfilm von 1908, der über einen Videobeamer gescreent wurde. Die Komposition des damals immerhin bereits 73-jährigen Camille Saint-Saëns ist die erste eigens für einen Film komponierte Musik überhaupt. Synchron zum etwa viertelstündigen Historiendrama spielte das Orchester die komplette Suite und man bekam ein Gefühl dafür, wie wichtig zur Unterstützung der Narration die Musik von je her gewesen ist, wie sich die Vorahnungen und das Entsetzen verstärken und akustisch abbilden lassen. Vor allem aber der Humor der doch eigentlich tragischen Handlung wurde kongenial unterstricken und von der Musik hervorgehoben.





Ich hätte den Bericht, auf den uns unser Dirigent hingewiesen hatte, fast nicht gefunden, weil im Text der Filmtiitel (im Gegensatz zur Ankündigung) falsch geschrieben war.
Schön, daß unsere Stummfilmbegleitung Gefallen gefunden hat. Ich weiß nicht, ob der Begriff ,,Suite“ bei Filmleuten eine andere Bedeutung hat, aber in musikalischer Terminologie ist das, was wir dort gespielt haben, eben keine Suite, also eine für konzertante Aufführung zusammengestellte Bearbeitung von Ausschnitten (wie bei Odna und Il Gattopardo), sondern einfach die Originalmusik.
Wenn alles gutgeht, werden wir den Film am 15. August nochmal im Rahmen der Bonner Stummfilmtage begleiten, und dann, sofern das Wetter mitspielt, unter freiem Himmel mit echtem 35mm-Film statt digitaler Videoprojektion.
Wir haben übrigens im Konzert sehr wohl einen Auszug aus der John-Williams-Musik zu Harry Potter gespielt, nämlich als Zugabe ,,Gilderoy Lockhart“ aus ,,Harry Potter and The Chamber of Secrets“.
Danke für die Anmerkunge. Ich bin interessierter Laie, daher möge man mir die Fehlerchen verzeihen – und die Tippfehler natürlich auch. Die zweite Aufführung werde ich auf jeden Fall bewerben.