Homicidal (USA 1961, William Castle) (VHS)
Noch so ein kleines Juwel, das ich mir während meiner zweijährigen Traumathek-Mitgliedschaft zugelegt habe. William Castle – bekannt für seine skurrilen Strategien der Überlappung von Film- und Zuschauerraum – erzählt eine Geschichte, die der von Hitchcocks kurz zuvor erschienenem "Psycho" in vielem ähnelt.
Die junge Emily reist durch die Gegend und bringt – scheinbar wahllos – Menschen um. Wieder zuhause kümmert sie sich um die alte Helga, die durch einen Schlaganfall taubstumm und an den Rollstuhl gefesselt ist. Helga mag ihre Pflegerin nicht besondern, was sie aber nicht imstande ist mitzuteilen. Nach und nach vermuten Helgas Kinder Miriam und Warren, dass etwas mit Emily nicht stimmt. Zudem ist die Polizei der Blonden auf den Fersen, die es erst auf Warren abgesehen zu haben scheint, dann aber vorgibt, mit ihm verheiratet zu sein. Das Ende vom Lied: Warren und Emily sind eine Person. Als Frau verkleidet mordet er sich durch die Gegend, um diejenigen zu bestrafen, die für sein Transdressing-Schicksal verantwortlich sind. Hauptschuldige ist Helga, die ihn als kleinen Jungen immer als Mädchen herausgeputzt hat und das, obwohl der Vater doch so gern einen Jungen haben wollte. (Hier bitte ich um Korrekturen, falls ich das falsch verstanden oder zusammen gefasst haben sollte!)
Mit wirklich erstaunlichem Geschick bereitet Castle den finalen Plottwist schon von der ersten Szene an vor, in der Klein-Warren seiner Schwester die Puppe stiehlt und das so gar nicht in einem Akt von brüderlichem Sadismus, sondern aus Neid. Und die Art und Weise, wie der erwachsene Warren dann später herausgeputzt ist, die minsogyne Erscheinung mit den falschen Zähnen – das macht ihn verdächtig, ohne dass man ahnt, warum.
Wie im "Tingler" spielt Castle auch hier wieder mit der vermeintlichen Herzinsuffizienz seines Publikums, wenn er diesem durch Einblenden einer Uhr kurz vor dem Höhepunkt des Films eine Minute Zeit lässt, das Kino zu verlassen. Das allein mutet aber schon wie eine sarkastische Verbrämung der Hitschcock’schen Werbestrategie in "Psycho" an: Hatte dieser sein Publikum gebeten, nach der Vorführung niemandem etwas über die Identität von Norman und seiner Mutter zu verraten, versucht Castle diese Erkenntnis schon gleich zu verhindern, indem er sein Publikum aus dem Kino schickt.



