The Believer (USA 2001, Henry Bean) (DVD)
Die Ausgangssituation allein ist schon bemerkenswert: Ein New Yorker
Jude, der Neonazi ist und mit Worten und Taten den Antisemitismus
predigt.
Derlei widersprüchliche Figuren hat es in der Geschichte des
Antisemitismus immer wieder gegeben (prominentestes Beispiel: Otto
Weininger).
In „The Believer“ wird sowohl der psychische wie auch ein möglicher
theologischer (!) Hintergrund dieses Verhaltens durchleuchtet. Der
Protagonist Danny hält seine Einstellung für plitisch: Mit ahnebüchnen
historischen Ansichten und einer Reihe von aus der NS-Ideologie
übernommener Rassen- und Semitismus-Stereotype versucht er sich
intellektuell abzusichern. Gleichzeitig stellt er Kontakt zu seinen
jüdischen Wurzeln her, indem er auf alte Freunde trifft und sich mit
dem Schicksal der Juden im Nationalsozialismus konfronitert sieht. Das
Resultat muss natürlich darauf hinauslaufen, dass, je mehr sich der
Protagonist der Wurzeln seines Hasses gewahr wird, er in die Arme
seiner Religion zurückgeführt wird. Am Endpunkt dieser Entwicklung
versucht Danny beide Positionen (sein Judentum und seinen
Antisemitismus)
dialektisch miteinander zu synthetisieren: Die Juden definieren
sich, ja, stärken sich ihmzufolge idell daran, dass sie gehasst werden.
Konsequenter Antisemitismus muss die Juden also lieben lernen, um sie
zu
„zerstören“.
Der Film ist in allen Details großartig. Allem voran die
schauspielerische Leistung Ryan Goslings, der die Ambivalenz der
nazistisch-semitistischen Figur mit Brillaz verkörpert. Rhythmus und
Entwicklung seiner „coming of hate“-Geschichte harmonieren bestens mit
dem Vordringen des Films in die Mysterien der jüdischen Religion.
„Antisemit kann man nur sein, wenn man das Judentum kennt“, ist Dannys
Maxime und Anweisung für seine rechtsradikalen Freunde. Nach und nach
infiziert er jedoch sich selbst und sie von dem mystischen Zauber
dieser Religion, erinnert sich wieder an seine Thora-Stunden, sein
Hebräisch, die rituellen Handlungen etc.
Am Ende erkennt er sich selbst als Jude und stirbt, indem er ein
selbstinszeniertes Bombenattentat verhindert. Was dann folgt, diffamiert
den eher auf dem „Boden der Tatsachen“ angesiedelten Plot des Films: Danny „steigt auf“ in den Himmel,
versinnbildlicht durch den Aufstieg jener Treppe zur Thora-Klasse, die
er als Kind hinabgestiegen ist, als er sich vom Judentum abgewandt hat.
Der anagogische Sinn dieser Szene ist – gerade, weil sie die einzige
„religiöse“ Szene in diesem ansonsten „theologischen Film“ darstellt –
weitaus stärker als der allegorische, was einen wirklich schalen
Nachgeschmack hinterlässt. „The Believer“ hätte solch ein Ende nicht
gebraucht um ein Meisterwerk zu sein – er ist es aber auch trotz dieses
Endes.




Für mich sah es übrigens nicht ganz so aus, als ob er zu seinen jüdischen Wurzeln durch den Haß finden würde. Wir wissen nicht, wie er zu dieser Ideologie überhaupt gekommen ist und ob er jemals ein „normaler“ Neonazi war… Sein Verhalten könnte man vielmehr so interpretieren, dass er die Juden durch den inszenierten (Selbst)Haß zur (Selbst)Verteidigung zwingen und zu ihrem Glauben (der zunehmend formal geworden ist, was man an seinen jüdischen Freunden sehr gut sieht) zurückführen möchte.
Volle Zustimmung hier. Der hat mich sehr beeindruckt. Insbesonders die Szene, in der Danny interviewt wird, fand ich großartig.
Meine Lieblingsszene auch! 🙂
Mir hat die Entweihung der Synagoge am besten gefallen. Der innere Konflikt, der da in Danny langsam hochkocht und ihm gegenüber seinen Freunden den Mut verleiht, zu erklären anstatt zu zerstören, ist eine der intensivsten Szenen des Films.